1 Allgemeines

1.1 Zur Systematik

 

Rz. 1

Durch das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts[1] ist nicht nur die Option für Personengesellschaften zur Körperschaftsteuer eingeführt worden, sondern wurde auch das System der organschaftlichen Ausgleichsposten auf die Einlagenlösung umgestellt. Betroffen von der Neuregelung sind die Minder- und Mehrabführungen der Organgesellschaft mit Ursache in organschaftlicher Zeit nach § 14 Abs. 4 KStG. Für diese Fälle wurden bisher in der Steuerbilanz des Organträgers aktive und passive Ausgleichsposten gebildet. Dabei war unklar, welchen Charakter diese Ausgleichsposten hatten. Denkbar waren Bilanzierungshilfen, aber auch Korrekturposten zu dem Wertansatz der Beteiligung an der Organgesellschaft. § 14 Abs. 4 S. 4 KStG a. F., wonach auf die Ausgleichsposten §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG sowie § 8b KStG anzuwenden waren, sprach bisher schon dafür, dass es sich nicht nur um Bilanzierungshilfen handelte, sondern um Korrekturposten zum Bilanzansatz der Beteiligung.[2] Die Neuregelung ordnet nun die Minder- und Mehrabführungen in der Bilanz des Organträgers eindeutig der Bilanzierung der Beteiligung in der Steuerbilanz zu. Die Regelung der organschaftlichen Minder- und Mehrabführungen aus organschaftlicher Zeit ist daher an die Behandlung der Minderabführungen mit Ursache in vororganschaftlicher Zeit angeglichen worden, die nach § 14 Abs. 3 S. 2 KStG ebenfalls als Einlage behandelt wird. Unterschiede bestehen nur bei Mehrabführungen, die bei Verursachung in vororganschaftlicher Zeit nach § 14 Abs. 3 S. 1 KStG als Gewinnausschüttung, bei Verursachung in organschaftlicher Zeit nach § 14 Abs. 4 S. 2 KStG n. F. als Einlagenrückgewähr behandelt werden.[3]

[1] G. v. 25.6.2021, BGBl I 2021, 2050; hierzu Schwalm, DStR 2021, 980; Dorn/Dibbert, DB 2021, 706; Himmer/Liedgens, DB 2021, 1221.
[3] Zu Minder- und Mehrabführungen mit Ursache in vororganschaftlicher Zeit Frotscher, G., in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 14 KStG Rz. 739ff.

1.2 Inkrafttreten der Neuregelung

 

Rz. 2

Nach § 34 Abs. 6e S. 5 KStG ist die Neuregelung erstmals auf Minder- und Mehrabführungen anzuwenden, die in einem Wirtschaftsjahr erfolgen, das nach dem 31.12.2021 endet. Vorher erfolgte Minder- und Mehrabführungen werden noch in Ausgleichsposten abgebildet. Letztmalig sind daher Ausgleichsposten in der Steuerbilanz auf das Ende des letzten Wirtschaftsjahres zu bilden, das vor dem 1.1.2022 endet. Jedoch werden diese Ausgleichsposten in dem nächsten Wirtschaftsjahr des Organträgers aufgelöst und dem Buchwert der Beteiligung zugeschlagen, also dem Wirtschaftsjahr, das nach dem 31.12.2021 endet.[1]

Zum Inkrafttreten der Einlagelösung bezieht sich § 34 Abs. 6e S. 5 KStG dem Wortlaut nach auf das Kalenderjahr, daher in erster Linie nicht auf ein Wirtschaftsjahr. Die Einlagelösung ist danach erstmals anzuwenden, wenn die Minder- oder Mehrabführungen nach dem 31.12.2021 erfolgen. Der Anwendungszeitpunkt ist also unabhängig von dem Wirtschaftsjahr des Organträgers. § 34 Abs. 6e S. 6 KStG enthält eine besondere Bestimmung, welchem Kalenderjahr die Minder- und Mehrabführungen zuzuordnen sind. Dabei ist auf das Ende des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft abzustellen. Dies entspricht der allgemein für die Zurechnung des Organeinkommens geltende Regelung, bei der auf das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft abzustellen ist. Dem Organträger ist das Einkommen in dem Vz zuzurechen, in dem das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endet.[2] Die Minder- und Mehrabführungen erfolgen daher mit dem Ende des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft und unterliegen der Einlagelösung, wenn dieses Wirtschaftsjahr nach dem 31.12.2021 endet.

 

Rz. 3

Entsprechen sowohl das Wirtschaftsjahr des Organträgers als auch das der Organgesellschaft dem Kalenderjahr, entstehen durch die Regelung zum Inkrafttreten keine Abweichungen zwischen den beiden Gesellschaften. Die Einlagelösung ist erstmals auf die Minder- und Mehrabführungen anzuwenden, die im kalendergleichen Wirtschaftsjahr 2022 erfolgen. Ebenfalls keine Abweichungen treten ein, wenn Organträger und Organgesellschaft das gleiche vom Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsjahr haben.

 
Praxis-Beispiel

Organträger und Organgesellschaft haben ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1.7. – 30.6.

Die Einlagelösung gilt erstmals für Minder- und Mehrabführungen des Wirtschaftsjahres 1.7.2021-30.6.2022. Dass ein Teil des Wirtschaftsjahres vor dem 1.1.2022 liegt, ist unbeachtlich, da es auf das Ende des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft zum 30.6.2022 ankommt.

 

Rz. 4

Bei vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ist zu berücksichtigen, ob der Organträger oder die Organgesellschaft ein abweichendes Wirtschaftsjahr hat. Jedoch ist in beiden Fällen die Einlagelösung erstmals für den Vz 2022 anzuwenden. Es kommt nur darauf an, wann das Wirtschaftsjahr endet. Wann es begonnen hat, ist dagegen ohne Bedeutung. Daher kann die Einlagelösung auch für vom Kalenderjahr abweichen...

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