Rz. 842

Die rechtliche Natur der organschaftlichen Ausgleichsposten ist trotz der Regelung in Abs. 4 bislang nicht eindeutig geklärt. Eindeutig geklärt ist nur, dass der Ausgleichsposten in der Steuerbilanz des Organträgers zu bilden ist.[1] Er kann daher nicht durch entsprechende Aufzeichnungen außerhalb der Steuerbilanz ersetzt werden. Andererseits ist er in der Handelsbilanz nicht zu bilden, da hierzu aus handelsrechtlicher Sicht kein Anlass besteht. Das handelsrechtliche Ergebnis ist richtig und würde durch die Bildung von Ausgleichsposten verfälscht. Abs. 4 enthält also eine Durchbrechung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes.

 

Rz. 843

Nach einer in der Literatur weitverbreiteten Ansicht[2] hat der organschaftliche Ausgleichsposten keinen sachlichen Gehalt. Er ist danach insbes. kein Wirtschaftsgut und kein Korrekturposten zum Wirtschaftsgut "Beteiligung". Der organschaftliche Ausgleichsposten sei nur ein steuerbilanztechnisches Mittel, um die Einmalbesteuerung des Organeinkommens sicherzustellen.

 

Rz. 844

Dagegen wird auch die Ansicht vertreten, dass der organschaftliche Ausgleichsposten ein steuerbilanzieller Korrekturposten zum Wert der Beteiligung ist und damit materiellen Gehalt hat.[3] Eine konsequente Umsetzung einer solchen "Einlagelösung", bei der Mehrabführungen als Minderung und Minderabführungen als Erhöhung der Anschaffungskosten der Beteiligung behandelt würden, würde grds. die gleichen Wirkungen erzielen wie die Bildung von Ausgleichsposten. Lediglich bei Mehrabführungen könnte bei einer natürlichen Person als Organträger eine abweichende Rechtsfolge eintreten. Da der Beteiligungswert nur bis 0 gemindert werden kann[4], würde eine Mehrabführung, die über den Beteiligungsbuchwert hinausgeht, zu Einkünften führen, die dem Teileinkünfteverfahren unterliegen würden. Bei einer Körperschaft als Organträger würde dagegen die Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 2 KStG eingreifen. Da Mehr- und Minderabführungen aber handelsrechtlich die Anschaffungskosten der Beteiligung nicht verändern, weicht die Einlagelösung vom Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz ab und würde eine gesetzliche Regelung voraussetzen.

 

Rz. 845

In der Vorauflage wurde auch hier die Ansicht vertreten, der Ausgleichsposten sei ein Korrekturposten zum Beteiligungsansatz. Begründet wurde diese Ansicht damit, dass anders nicht zu erklären sei, wieso er den Veräußerungsgewinn aus der Beteiligung beeinflusse, insbes., wieso er unter § 3 Nr. 40 EStG und § 8b Abs. 2 KStG fallen solle. Auch § 27 Abs. 6 S. 1 KStG, wonach die entsprechenden Vermögensmehrungen und -minderungen bei der Organgesellschaft über das steuerliche Einlagekonto zu verrechnen sind, ließ die Interpretation als Einlage zu. Nachdem eine gesetzliche Regelung vorliegt, sind diese Gründe für die Einordnung des Ausgleichspostens als Korrekturposten zum Beteiligungsansatz entfallen. § 14 Abs. 4 S. 5 KStG ordnet ausdrücklich an, dass auf die Einkommenserhöhung oder -minderung aus der Auflösung des steuerlichen Ausgleichspostens § 3 Nr. 40 EStG, § 3c Abs. 2 EStG und § 8b KStG anzuwenden sind. Dies lässt die Interpretation zu, dass es sich bei dem Ausgleichsposten um eine steuerliche Bilanzierungshilfe handelt, die eine Doppel- bzw. Nichtbesteuerung vermeiden soll. Andernfalls wären die Regelungen in § 14 Abs. 4 S. 5 KStG überflüssig. Es ist aber nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber angesichts der in der Literatur vertretenen Ansicht, die Ausgleichsposten seien ein Korrekturbetrag zum Beteiligungsansatz, eine überflüssige Regelung geschaffen hat, wenn er die Ausgleichsposten ebenfalls als Korrekturbetrag zum Beteiligungsansatz ansehen würde. Zur Klarstellung hätte es dann näher gelegen, im Gesetz ausdrücklich zu bestimmen, dass die Ausgleichsposten den Beteiligungsansatz korrigieren.[5] Daher sind die Vorschriften über Beteiligungen auf diesen Posten nicht unmittelbar anwendbar. Das Gesetz ordnet dann eine Behandlung "wie eine Beteiligung" an, indem die entsprechenden Vorschriften für anwendbar erklärt werden. Entsprechendes gilt für § 27 Abs. 6 KStG. Danach handelt es sich nicht um Einlagen oder die Rückzahlung von Einlagen.[6] Das Gesetz behandelt die Mehr- und Minderabführungen lediglich, als ob es sich um Einlagen oder Rückzahlung von Einlagen handelte. Diese Regelung führt also zu einer Fiktion, die die steuerlich richtige Behandlung sicherstellen soll. Es handelt sich bei den Ausgleichsposten also um steuerliche Merkposten und damit steuerliche Bilanzierungshilfen, die sicherstellen sollen, dass im Fall der Veräußerung der Organbeteiligung eine Doppelerfassung oder Doppelfreistellung von Vermögensbestandteilen der Organgesellschaft vermieden wird. Im wirtschaftlichen Ergebnis haben die Ausgleichsposten zwar die gleichen Auswirkungen wie ein Korrekturbetrag zu dem Buchwert der Beteiligung, bilden aber keinen Bestandteil dieses Buchwerts.[7]

Außerdem tritt diese Wirkung nur für den Fall der Auflösung der Ausgleichsposten ein, z. B. im Fall der Veräußerung der Be...

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