Leitsatz

Die unentgeltliche Abgabe von Mobilfunkgeräten an Kunden, die einen Mobilfunkvertrag mit einem Mobilfunkunternehmen abgeschlossen haben, ist vom Vermittler des Mobilfunkvertrags als unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1 b S. 1 Nr. 3 UStG zu versteuern, wenn der Abgabe des Geräts keine Gegenleistung des Kunden bzw. des Mobilfunkanbieters zugrunde liegt.

 

Problematik

Eine Gesellschaft (Vermittlerin) vermittelt Mobilfunkverträge von Verbrauchern mit Netzbetreibern. Bei Abschluss von Mobilfunkverträgen mit den Netzbetreibern überließ sie den Verbrauchern im eigenen Namen unentgeltlich Handys. Die Vermittlerin erklärte für 2003 und 2004 die USt aus den von den Netzbetreibern erhaltenen Provisionen (13 und 10 Mio. EUR) und machte die Vorsteuerbeträge aus dem Einkauf der Handys geltend.

Das Finanzamt berücksichtigte zwar den Vorsteuerabzug, unterwarf aber zusätzlich die unentgeltliche Abgabe der Handys an die Verbraucher als unentgeltliche Zuwendung nach § 3 Abs. 1 b Satz 1 Nr. 3 UStG (Unentgeltliche Lieferungen) mit geschätzten Einkaufspreisen (jährlich: 258.000 EUR) der Umsatzsteuer.

Die Vermittlerin berief sich dagegen u.a. auf das BMF-Schreiben v. 3.12.2001[1] zur Überlassung eines "Startpakets" im Mobilfunkbereich auf jeder Stufe (Lieferant, Händler, Kunde) als eine einheitliche Lieferung und insbes. auf das BFH-Urteil v. 13.7. 2006[2]. Eine Nichtberücksichtigung des Rabatts in Gestalt des Mobilfunkgeräts wäre ein Verstoß gegen Art. 11 Abs. 3 b der 6. EG-Richtlinie.

 

Entscheidung des Finanzgerichts

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht ging davon aus, dass die Vermittlerin die Mobilfunkgeräte jedenfalls unentgeltlich im Sinne des § 3 Abs. 1 b Satz 1 Nr. 3 UStG den Kunden zugewendet hat. Auch wenn der Kunde bei einer unentgeltlichen Abgabe des Geräts bereit sei, sich längerfristig an den Mobilfunkanbieter zu binden, was eine höhere Provision für die Klägerin auslöse, könne man daraus jedoch keine Gegenleistung des Kunden oder des Mobilfunkunternehmens für die Abgabe des Geräts ableiten.

Es handle sich auch nicht um einen Rabatt oder eine Zugabe des Mobilfunkbetreibers an den Kunden. Nach dem BMF-Schreiben v. 3.12.2001 seien die Leistungen des Vermittlers nicht in das Startpaket einzubeziehen. Wörtlich führte das Finanzgericht aus: "So merkwürdig es erscheint, aber die Zahlung von 1 EUR pro Gerät durch den Kunden hätte die Anwendung des § 3 Abs. 1 b Nr. 3 UStG i.V.m. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG verhindert"[3].

Der vorliegende Fall ist jedoch eher dem Fall vergleichbar, dass die Klägerin dem Kunden Geld (einen Teil des Provisionserlöses) gegeben hätte und dieser dann das Mobilfunkgerät – belastet mit Umsatzsteuer – hätte einkaufen können. § 3 Abs. 1 b UStG will erreichen, dass auch im vorliegenden Fall das Gerät belastet mit Umsatzsteuer beim Verbraucher ankommt.

Deshalb hat der BFH mit Urteil vom 11. Mai 2006[4] die kostenlose Abgabe von Parkchips beim Einkauf von Waren nicht als Entgeltsminderung, sondern als unentgeltliche Zuwendung beurteilt. Anders als "Dreingaben" sind "Preisnachlässe" des Vermittlers an die Kunden von der Bemessungsgrundlage der Provision abzuziehen[5]. Im vorliegenden Fall ist kein Preisnachlass, sondern eine Dreingabe gewährt worden, die nicht unter die Ausnahme des § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG bis zum Wert von 35 EUR (Abschn. 24 b Abs. 9 UStR) fällt.

 

Konsequenzen für die Praxis

Positiv ist zu vermerken, dass das FG die Revision zugelassen hat. Auch nach seiner wirtschaftlichen Bedeutung verdient der Fall einer Befassung durch die Revisionsinstanz – und da seine rechtliche Problematik ggf. gemeinschaftsrechtlich vorgegeben ist, würde es nicht schaden, wenn auch der EuGH damit befasst würde.

Man mag schon die Unterscheidung zwischen "Preisnachlass" eines Vermittlers und einer "Dreingabe" hier für nicht recht überzeugend halten. Der Preisnachlass, der betragsmäßig feststeht, führt nach der BFH-Rechtsprechung zur Verminderung der vom Vermittler zu versteuernden Provision (also nur im Verhältnis zum Fiskus, nicht zu seinem Auftraggeber, dessen Besteuerung davon nicht berührt wird[6]); die Dreingabe – falls über 35 EUR liegend – wird dagegen als Entnahme besteuert. Aber beide haben den Zweck, Kunden für die vermittelten Umsätze zugunsten der eigenen Vermittlungsumsätze anzuwerben. Der Vergleich mit der Hingabe eines Teils der Provision durch den Vermittler an den Kunden, der damit das Handy (belastet mit USt) einkaufen könne, hinkt etwas. Er spricht mehr für einen Preisnachlass.

Nimmt man noch den Hinweis auf den "Steuertrick" dazu, ein Entgelt von 1 EUR zu zahlen, damit dann ein entgeltlicher Umsatz vorliegt, so wird die Sache skurril – zumal, wenn man den dann offenbar akzeptierten Vorsteuerüberhang (durchschnittlicher Einkaufspreis je Handy 190 EUR) in Betracht zieht.

Man kann das alles aber weniger dem FG entgegenhalten. In erster Linie sorgt das Gemeinschaftsrecht (Art. 5 Abs. 6 der 6. EG-Richtlinie, jetzt Art. 16 MwStSystRL) für diese Ungereimtheiten. Danach sind Entnahmen von Ge...

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