Leitsatz (amtlich)

›Eine Klage auf Bewilligung der Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung des Eigentümers einer Grundstücksteilfläche ist unzulässig, solange nicht wenigstens ein Veränderungsnachweis vorliegt, auch wenn die Teilfläche durch einen notariellen Vertrag mit Skizze hinreichend genau bestimmt ist (Abgrenzung zu BGHZ 90, 323).‹

 

Verfahrensgang

LG München II

OLG München

 

Tatbestand

Die Kläger waren Miteigentümer zu je einem Drittel der Grundstücke Flur Nr. 1144 (1854 qm) und Flur Nr. 1144/3 (345 qm) der Gemarkung T. Davon verkauften sie mit notariellem Vertrag vom 29. Juni 1978 dem Beklagten noch zu vermessende Teilflächen, nämlich aus Flur Nr. 1144 ca. 1750 qm aus Flur Nr. 1144/3 ca. 100 qm. In Ziffer XIX der Urkunde wird darauf hingewiesen, daß die Kläger demnächst aus beiden Flurstücken eine näher bezeichnete Teilfläche von ca. 100 qm zur Straßenverbreiterung an die Bundesrepublik oder die Stadt T. abtreten. Unter bestimmten Bedingungen sollte die Auflassung an den Beklagten "hinsichtlich des ganzen Grundstücks Flur 1144" unter Übernahme der dann eingetragenen Auflassungsvormerkung für die Teilfläche zugunsten der Bundesrepublik oder der Stadt T. erfolgen, damit der Käufer als Eigentümer des ganzes Grundstücks Flur Nr. 1144 diesen Grundbesitz mit Grundpfandrechten zur Finanzierung des Kaufpreises belasten konnte. Die Verkäufer (Kläger) bevollmächtigten sich ferner unter Befreiung von § 181 BGB zur Erklärung der Auffassung.

Unter Hinweis und Bezugnahme auf die Urkunde vom 29. Juli 1978 wurde in notarieller Urkunde vom 18. Juni 1979 folgende Auflassung beurkundet, wobei der Kläger zu 1 für sich selbst und zugleich für die Klägerinnen zu 2 und 3 "aufgrund der im Kaufvertrag vom 29. Juni 1978 unter Ziff. XIX erteilten Vollmacht" auftrat:

"Auflassung

Die Vertragsteile sind darüber einig, daß das Eigentum an den ganzen Grundstücken Fl. Nr. 1144 zu 1854 qm und Fl. Nr. 1144/3 zu 345 qm auf Herrn Mohamed A. zum Alleineigentum übergeht und bewilligen und beantragen die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch".

Unter Ziff. III der Urkunde ist u.a. vereinbart, daß sich der b

Beklagte verpflichtet, die in der Vorurkunde erwähnte Teilfläche von ca. 100 qm auf verlangen an die Stadt T. bzw. die Bundesrepublik Deutschland abzutreten, wobei der Beklagte seinen Erlösanspruch an die Kläger abtrat. ferner ist bestimmt:

"Aus diesen Gründen vereinbarten die Vertragsteile, daß die Verkäufer die ganzen Grundstücke Fl. Nr. 1144 und 1144/3 Gemarkung T. an Herrn Mohamed A. verkaufen bzw. überlassen".

Der Beklagte wurde als Eigentümer des gesamten Grundstücks Flur Nr. 1144/3 im Grundbuch eingetragen.

Die Kläger verlangen Zustimmung zur Grundbuchberichtigung hinsichtlich einer Teilfläche aus dem Grundstück Flur Nr. 1144/3. Das Landgericht hat dem Beklagten antragsgemäß verurteilt, "einzuwilligen, daß die Kläger als Miteigentümer zu je 1/3 einer Teilfläche von ca. 245 qm aus dem in T. gelegenen Grundstück, ... Flur Nr. 1144/3 (jetzt Band 67, Blatt 2450), wie in der Urkunde des Notars Dr. Hermann E. , , vom 29. Juni 1978 (UR Nr. 1234 E/1978) beschrieben und noch zu vermessen, eingetragen werden".

Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Beklagten gegen dieses Urteil zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt er seinen Antrag auf Abweisung der Klage weiter; die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I. die Revision hat in geringem Umfang Erfolg, weil der Beklagte aus formalen Gründen nicht zur Abgabe einer Berichtigungsbewilligung (§ 894 BGB, § 19 GBO) verurteilt werden durfte. Die Urteile der Vorinstanzen beziehen sich entsprechend dem Klageantrag auf eine Teilfläche aus dem Grundstück Flur Nr. 1144/3, die durch Hinweis auf die notarielle Urkunde vom 29. Juni 1978 näher beschrieben ist. So haben die Urteile aber keinen vollstreckungsfähigen Inhalt und durften mithin nicht ergehen. Für den Leistungsantrag fehlt das Rechtsschutzbedürfnis (vgl. BGH Urt. v. 9. Oktober 1974, VIII ZR 113/72, NJW 1974, 2317), weil das Grundbuchamt trotz der antragsgemäßen Verurteilung die Kläger nicht als Eigentümer der Restfläche eintragen dürfte.

Nach § 28 GBO ist in der Eintragungsbewilligung das Grundstück übereinstimmend mit dem Grundbuch oder durch Hinweis auf das Grundbuchblatt zu bezeichnen. Diese Vorschrift gilt auch für Berichtigungsbewilligungen (KGJ 34, A 305; Horber, GBO 16. Aufl. § 28 Anm. 2A; Ertl-KEHE, GBO 3. Aufl. § 28 Rdn. 3) und bestimmt damit - ungeachtet ihres Charakters als bloße Ordnungsvorschrift (vgl. RGZ 157, 120, 125) - grundsätzlich auch den Inhalt eines nach § 894 ZPO zu vollstreckenden Urteils, weil diese nach eintritt der Rechtskraft die Erklärung des Beklagten nach § 19 GBO ersetzt (so schon KG JW 1937, 896). Demgemäß hat der Senat in ständiger Rechtsprechung eine Verurteilung zur Eintragungsbewilligung hinsichtlich eines Grundstücksteils vor grundbuchlich vollzogener Teilung für unstatthaft gehalten, weil den Anforderungen von § 28 GBO nicht genügt werden kann (BGHZ 37, 233, 242 und seither ständig; insoweit auch übernommen vom IVa Senat im Urt. v. 2. Dezember 1981, IVa ZR 252/80, NJW 1982, 441, 443). er hat hiervon bisher eine Ausnahme zugelassen, wenn ein bereits vom Schuldner genehmigter Veränderungsnachweis vorlag, auf den im Urteil Bezug genommen werden kann (BGHZ 90, 323 ff). Der Veränderungsnachweis bildet die Grundlage der Grundstücksabschreibung (§ 2 Abs. 3 GBO). Deshalb läuft die Bezeichnung einer Teilfläche entsprechend den Festsetzungen des Vermessungsamtes im Veränderungsnachweis im Ergebnis darauf hinaus, das noch nicht angeschriebene Grundstück übereinstimmend mit dem (künftigen) Inhalt des Grundbuchs festzulegen, weil das Grundbuchamt bei der Abschreibung die Angaben im Veränderungsnachweis übernimmt. Auch in solchen Fällen wird daher dem Zweck des § 28 GBO genügt, der die Eintragung bei dem richtigen Grundstück sichern soll. Eine Vermessung und ein entsprechender Veränderungsnachweis liegen hier aber noch nicht vor. Der Hinweis auf die notarielle Urkunde vom 29. Juni 1978 im Tenor des landgerichtlichen Urteils bestimmt zwar ausreichend genau die betroffene Teilfläche im Sinne der Senatsrechtsprechung zu § 313 BGB (vgl. Urt.. v. 8. November 1968, V ZR 58/65, NJW 1968, 131, 132; BGHZ 74, 116, 121); die verlangte Bewilligung bekommt damit aber nicht den nach § 28 GBO notwendigen Inhalt.

Die Praxis zeigt, daß es öfter zu Differenzen zwischen den mehr oder minder genauen Planunterlagen in notariellen Urkunden und der endgültigen Vermessung kommt. Wollte man die Verurteilung zur Abgabe einer Berichtigungsbewilligung unter Bezugnahme auf solche Planskizzen zulassen, würde es zwangsläufig zu Unzuträglichkeiten in der Zwangsvollstreckung kommen, weil in Frage stünde, ob sich die Bewilligung eindeutig oder schließlich vermessenen und abgeschriebenen Teilfläche zuordnen läßt. Ein Streit der Parteien darüber ließe sich in der Vollstreckung nach § 894 ZPO aber nicht klären. Es muß deshalb - abgesehen von der in BGHZ 90, 323 zugelassenen Ausnahme - bei dem Grundsatz des § 28 GBO und der darauf fußenden Senatsrechtsprechung bleiben.

1. Erweist sich so die Leistungsklage als unzulässig, so enthält das Klagebegehren bei der gebotenen interessengerechten Auslegung doch - auch ohne daß dies ausdrücklich hilfsweise beantragt worden ist - einen Antrag festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, einer Abvermessung und Grundstücksabschreibung zuzustimmen und sodann die Eintragung der Kläger als Eigentümer der Teilfläche zu bewilligen (vgl. BGH Urt. v. 31. Januar 1984, VI ZR 150/82, NJW 1984, 2295). Der Senat hat auch schon mehrfach in ähnlichen Fällen dem verfehlten Leistungsantrag einen entsprechenden Feststellungsantrag entnommen (vgl. BGHZ 37, 233, 242; Urt. v. 24. September 1976, V ZR 83/75, WM 1977, 197, 198; Urt. v. 11. November 1977, V ZR 235/74, WM 1978, 192, 193; Urt. v. 27. April 1979, V ZR 218/77, WM 1979, 861, 863).

Die Kläger haben auch ein Interesse an der begehrten Feststellung (§ 256 Abs. 1 ZPO), weil der Beklagte eine solche Verpflichtung bestreitet.

2. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts erweist sich die Feststellungsklage als begründet (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).

Das Berufungsgericht stellt nach der Beweisaufnahme fest, daß sich die Einigung der Parteien anläßlich der Auflassung am 18. Juni nicht auf das ganze Grundstück Flur Nr. 1144/3, vielmehr nur auf die im Vertrag vom 29. Juni 1978 vorgesehene Teilfläche bezog. Es liege insoweit eine unschädliche Falschbezeichnung des Auflassungsgegenstandes vor.

Die dagegen erhobenen Revisionsrügen bleiben ohne Erfolg.

Das Berufungsgericht führt aus, die Richtigkeit der Auflassungsurkunde vom 18. Juni 1979 sei durch die Beweisaufnahme widerlegt, dem stehe die Beweiskraft der notariellen Urkunde nicht entgegen (Hinweis auf § 415 Abs. 2 ZPO). Zwar erwecken diese Ausführungen den Anschein, als habe das Berufungsgericht die Tragweite von § 415 Abs. 2 ZPO verkannt (vgl. hierzu BGHZ 71, 260, 263); der weitere Inhalt des Berufungsurteil ergibt aber zweifelsfrei, daß das Berufungsgericht nicht etwa auf eine unrichtige Beurkundung im Sinne von § 415 Abs. 2 ZPO abstellen will, sondern den Beweis einer irrtümlichen Falschbezeichnung (falsa demonstratio) für erbracht hält (BU 13).

Soweit das Berufungsgericht ausführt, weder der Kläger zu 1 noch der Beklagte hätten "eine Erklärung zur Auflassung des gesamten Grundstücks Flur Nr. 1144/3 vor dem beurkundenden Notar abgegeben", ist dies gemessen am objektiven Erklärungswert der Auflassung unrichtig. Auf den objektiven Erklärungswert kommt es jedoch nicht an, wenn ein anderweitiger Übereinstimmender Wille der Beteiligten ermittelt werden kann (vgl. z.B. BGHZ 20, 109, 110; 71, 243, 247). Es ist die Besonderheit bei einer irrtümlichen Falschbezeichnung, daß das beiderseits übereinstimmend Gewollte als Inhalt des Rechtsgeschäfts gilt (vgl. BGHZ 87, 150,152 f; BGH Urt. v. 26. Oktober 1983, IVa ZR 80/82, WM 1984, 91, 92). Deshalb ist die Feststellung des Berufungsgerichts, eine Erklärung zur Auflassung des gesamten Grundstücks sei nicht abgegeben worden, nicht zu beanstanden.

Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, daß die Kläger für das Vorliegen einer irrtümlichen Falschbezeichnung darlegungs- und beweispflichtig sind. Es hält für bewiesen, daß sich der beiderseitige Wille bei der Auflassung nur auf die im Vertrag vom 29. Juni 1978 bezeichnete Teilfläche von ca. 100 qm bezog, und zieht dazu die Aussagen des Notars, des Zeugen Sch. und des Klägers zu 1 heran. Die Revision versucht nur in unzulässiger Weise, die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts durch ihre eigene zu ersetzen.

Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht maßgeblich zunächst auf die Aussage des Notars abstellt, der angegeben hat, die Formulierung in der Auflassungsurkunde beruhe hinsichtlich der Flur Nr. 1144/3 auf einem Versehen des Notariats, und weder vor ihm noch vor seinem Urlaubsvertreter (der die Urkunde vorbereitet habe) sei von einer Ausdehnung der Auflassung auf das gesamte Grundstück Flur Nr. 1144/3 "gesprochen" worden. Das Berufungsgericht konnte dies, insbesondere in Anbetracht der anders lautenden Urkunde vom 29. Juni 1978, als maßgebliches Indiz für den von ihm festgestellten übereinstimmenden Willen der Beteiligten verwerten.

Es ist nicht Sache des Revisionsgerichts, nachzuprüfen, welchen Beweiswert das Berufungsgericht diesem Indiz und der Aussage des (auf Antrag des Beklagten vernommen) Klägers zu 1 beimißt.

Schließlich rügt die Revision zu Unrecht, daß das Berufungsgericht auf den Schriftsatz des Beklagten vom 24. August 1984 mit neuem Beweisangebot die mündliche Verhandlung nicht wieder eröffnet hat. Die Ablehnung der Wiedereröffnung einer bereits geschlossenen mündlichen Verhandlung durch das Berufungsgericht aufgrund eines nachträglich eingereichten, nicht nachgelassenen Schriftsatzes, der keine Lücke der mündlichen Verhandlung aufzeigt und keine Verletzung der richterlichen Fragepflicht ergibt, ist in der Regel der Nachprüfung durch das Revisionsgericht entzogen (BGHZ 30, 60, 65). Die Revision vermag auch nicht darzulegen, daß die Ablehnung der Wiedereröffnung mit rechtsfehlerhaften Erwägungen begründet ist (vgl. Senatsurt. v. 17. November 1978, V ZR 16/77, 587, 588).

Da sich nach den tatrichterlichen Feststellungen die Auflassung in der Urkunde vom 18. Juni 1979 nach dem übereinstimmenden Willen der Beteiligten nur die im Vertrag vom 29. August 1978 bezeichnete Teilfläche bezog, wurde der Auflassungsgegenstand mit der gesamten Flur Nr. 1144/3 irrtümlich falsch bezeichnet. Das hat zur Folge, daß die Kläger jedenfalls Eigentümer der Restfläche aus Flur Nr. 1144/3 geblieben sind. Insoweit ist auch die Vermutung des § 891 BGB widerlegt (vgl. Senatsurt. v. 25. November 1977, V ZR 102/75, WM 1978, 196 m.w.N.). Die Feststellungsklage ist damit unbegründet, ohne daß es noch auf weitere Fragen, insbesondere zur Vollmacht des Klägers zu 1, ankommt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2992839

NJW 1986, 1867

DRsp IV(473)165d-e

WM 1986, 678

MDR 1986, 663

Rpfleger 1986, 210

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