A. Normzweck

 

Rn. 1

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

§ 333 ist lex specialis bei vom HGB vorgeschriebenen (Pflicht-)Prüfungen sowohl gegenüber § 404 AktG als auch den §§ 203f. StGB (vgl. HdR-E, HGB § 333, Rn. 37).

 

Rn. 2

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Geschütztes Rechtsgut ist das Interesse an der Bewahrung von Geheimnissen einer KapG einschließlich der genannten, mit ihr verbundenen UN. Dies gilt schützenswert als originäres wirtschaftliches Interesse der Aktionäre, Gesellschafter oder anderer in Betracht kommender Eigentümer der UN (vgl. Scholz-GmbHG (2021), § 85, Rn. 4; Baumbach/Hueck (2019), § 85 GmbHG, Rn. 9, 30; Hopt, WPg 1986, S. 461 (466)). Nicht geschützt sind jedoch die Interessen der Gesellschaftsgläubiger und AN; ihre Interessen sind durch die Tathandlung nicht unmittelbar beeinträchtigt (vgl. Scholz-GmbHG (2021), § 85, Rn. 4; Otto (1997), § 404 AktG, Rn. 2f.; Heymann (2020), § 333 HGB, Rn. 5). Der Schutz des Vertrauens in die Verschwiegenheit der Prüfer sowie der Schutz des Vertrauens in die Funktionsfähigkeit betreffender KapG haben keine eigenständige Bedeutung (vgl. Heymann (2020), § 333 HGB, Rn. 6).

 

Rn. 3

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Die Beschränkung des Strafantragsrechts aus Abs. 3 auf die KapG als einzig Antragsberechtigten dient nicht der Begrenzung des Schutzbereichs auf die Interessen der betroffenen KapG, sondern besteht (noch) aus historischen Gründen. Der heutige § 333 beinhaltet nur noch den Kern eines früher sehr umfangreich gefassten Tatbestands, der eine Einschränkung des Antragsrechts rechtfertigte (vgl. BT-Drs. 10/3440, S. 47; BT-Drs. 10/4268, S. 122f.).

 

Rn. 4

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Da die Norm neben der Gesellschaft selbst auch deren Eigentümer schützt, ist § 333 Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB. Eine Verletzung liegt dabei nicht erst vor, wenn im Umkreis der Gesellschaft ein materieller Schaden entstanden ist, sondern bereits dann, wenn der Täter aus den gewonnenen Geheimnissen Kapital schlägt (vgl. Heymann (2020), § 333 HGB, Rn. 8); dies folgt aus dem Charakter des § 333 als abstraktem Gefährdungsdelikt. Dritte, insbesondere Gläubiger, können dagegen aus § 823 Abs. 2 BGB keinen Schadensersatzanspruch gegen den AP bzw. seinen Gehilfen herleiten, weil § 333 nur zugunsten der in Abs. 1 genannten Gesellschaften gilt (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 333 HGB, Rn. 23).

B. Tathandlungen

I. Handlungen des Abschlussprüfers oder seines Gehilfen

 

Rn. 5

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Gemäß § 333 Abs. 1 ist die unbefugte Offenbarung eines Geheimnisses der geprüften KapG, eines TU (vgl. § 290 Abs. 1f.), eines gemeinsam geführten UN (vgl. § 310) oder eines assoziierten UN (vgl. § 311) unter Strafe gestellt (vgl. zum Täterkreis HdR-E, HGB § 333, Rn. 27f.). Vom Gesetz besonders hervorgehoben ist die Offenbarung eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses (i. S. d. § 17 UWG (a. F.)). Hierbei handelt es sich jedoch ganz offensichtlich um ein redaktionelles Versehen, sind die §§ 17–19 UWG doch durch Art. 5 des sog. Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/943 zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung (GeschGehG) vom 18.04.2019 (BGBl. I 2019, S. 466ff.) aufgehoben und aufgrund des "Sachzusammenhangs in das GeschGehG übernommen" (BT-Drs. 19/4724, S. 42) worden. Diesbezüglich enthält Abschn. 4 in Gestalt des § 23 GeschGehG die zuvor in den §§ 17–19 UWG enthaltenen Strafvorschriften zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (i. S. d. § 2 Nr. 1 i. V. m. § 4); inhaltlich-materiell dürfte damit in terminologischer Hinsicht keinerlei Änderung verbunden sind. So heißt es ausweislich der RegB: § 23 entspricht i.W. den "bisherigen §§ 17–19 UWG, die anhand der geänderten Anforderungen an das Nebenstrafrecht modernisiert und an die Begriffe des GeschGehG angepasst wurden. Entsprechend der Terminologie im zivilrechtlichen Teil des GeschGehG entfällt die bisherige gesetzliche Unterscheidung von Betriebsgeheimnissen und Geschäftsgeheimnissen zugunsten einer einheitlichen Verwendung des Begriffs des Geschäftsgeheimnisses. Die Unterscheidung hatte zudem bereits bisher keine praktische Relevanz" (BT-Drs. 19/4724, S. 40).

 

Rn. 6

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Die Verschwiegenheitspflicht nach § 323 fließt in § 333 mit ein und bezieht sich auf alle wesentlichen Vorgänge, die einem größeren Kreis noch nicht bekannt sind und nicht bekannt werden sollen (z. B. die Geschäftspolitik, Erfindungen oder Bezugsquellen; vgl. AktG-GroßKomm. (1970), § 168, Rn. 5). Ebenso wie auch das Verwertungsverbot (vgl. § 333 Abs. 2 Satz 2) gehört sie zu den berufsrechtlichen Pflichten der AP (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 WPO).

 

Rn. 7

Stand: EL 35 – ET: 03/2022

Die Verschwiegenheitspflicht ist nicht nur Norm im Berufsrecht, sondern auch im Strafgesetz (vgl. § 203 StGB). Sie wird nicht verletzt, wenn der AP (oder dessen Gehilfe) von der Schweigepflicht entbunden ist. Eine Befugnis zur Offenbarung von Geheimnissen besteht gegenüber dem vertretungsberechtigten Organ sowie AR einer KapG, jedoch nicht gegenüber einzelnen Mitgliedern der jeweiligen Organe. Lediglich wenn der AP vom vertretungsberec...

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