A. Einführung

 

Rn. 1

Stand: EL 31 – ET: 01/2021

Nach § 172 AktG wird die Feststellung des JA im Regelfall der Zusammenwirkungskompetenz von Vorstand und AR unterstellt. Möglich ist aber, dass der AR den JA billigt, zugleich aber zusammen mit dem Vorstand beschließt, (ausnahmsweise) die Feststellung der HV zu überlassen. Ferner kommt in Betracht, dass der AR entweder die Billigung ausdrücklich ablehnt (vgl. § 173 Abs. 1 AktG) oder aber nicht innerhalb der Fristen von § 171 Abs. 3 AktG seinen Bericht erstattet, mit der Folge der Fiktion der Nichtbilligung (vgl. § 171 Abs. 3 Satz 3 AktG).

B. Feststellung des Jahresabschlusses durch Vorstand und Aufsichtsrat

I. Feststellung durch Billigung des Aufsichtsrats

 

Rn. 2

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Im Normalfall erfolgt die Feststellung durch Vorstand und AR (vgl. § 172 Satz 1 (1. Halbsatz) AktG), und zwar, indem der AR den vom Vorstand aufgestellten JA billigt. Die Feststellung des JA macht den JA zu einem endgültigen (vgl. AktG-GroßKomm. (2006), § 172, Rn. 8; Hüffer-AktG (2020), § 172, Rn. 2). Zu unterscheiden ist die Feststellung von der Aufstellung des JA (vgl. § 264 Abs. 1) als Geschäftsführungsmaßnahme des Vorstands (vgl. § 170 Abs. 1 Satz 1 AktG).

 

Rn. 3

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Die Feststellung hat den Charakter eines Rechtsgeschäfts (sog. korporationsrechtliches Rechtsgeschäft eigener Art; vgl. ausführlich AktG-GroßKomm. (2006), § 172, Rn. 11; Hüffer-AktG (2020), § 172, Rn. 3; ferner BGH, Urteil vom 15.11.1993, II ZR 235/92, NJW 1994, S. 520ff.). Die Billigungserklärung durch den AR erfolgt durch einen Beschluss, der als solcher keine Willenserklärung, sondern vielmehr ein mehrseitiges Rechtsgeschäft eigener Art darstellt, das aus einer Vielzahl von Willenserklärungen besteht. Insoweit kann nicht der Beschluss als solcher, sondern nur die einzelne Willenserklärung des jeweiligen AR-Mitglieds ggf. nach den §§ 119ff. BGB angefochten werden (vgl. ADS (1997), § 172 AktG, Rn. 7; AktG-GroßKomm. (2006), § 172, Rn. 11; Hüffer-AktG (2020), § 172, Rn. 3). Streitig ist, ob ein Beschluss hinsichtlich der Billigung des JA unter Auflagen oder Bedingungen zulässig ist. Aus Gründen der Rechtsklarheit wird man dies eher verneinen müssen, im Übrigen hat das AktG eine abschließende Regelung hinsichtlich der Entscheidungsmöglichkeiten des AR bezüglich der Feststellung des JA getroffen (vgl. ebenso AktG-GroßKomm. (2006), § 172, Rn. 15; Hüffer-AktG (2020), § 172, Rn. 4; im eingeschränkten Umfang für eine Zulässigkeit ADS (1997), § 172 AktG, Rn. 18).

 

Rn. 4

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Mit der Feststellung wird der JA in der jeweiligen Form wirksam und verbindlich, einschließlich etwaiger bilanzpolitischer Maßnahmen und erfolgter (rechtmäßiger) Einstellungen in oder Auflösung von Rücklagen. Die HV ist an den festgestellten JA bezüglich des noch zu fassenden Gewinnverwendungsbeschlusses gebunden (vgl. § 174 Abs. 1 Satz 2 AktG). Damit zugleich entsteht der mitgliedschaftsrechtliche Anspruch der Aktionäre auf Herbeiführung eines Gewinnverwendungsbeschlusses; der Dividendenauszahlungsanspruch entsteht indessen erst mit einer entsprechenden Beschlussfassung über die Verwendung des Gewinns (vgl. HdR-E, AktG §§ 58, 150, Rn. 1ff.).

 

Rn. 5

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Gemäß § 245 Satz 1 ist der JA durch den Kaufmann unter Angabe des Datums zu unterzeichnen. Für die AG, KGaA bzw. SE bedeutet dies, dass der festgestellte JA durch den gesamten Vorstand zu unterzeichnen ist (vgl. HdR-E, HGB § 245, Rn. 3, 13; Hüffer-AktG (2020), § 172, Rn. 6). Es handelt sich hierbei nicht um die Erfüllung einer gesellschaftsrechtlichen, sondern einer öffentlich-rechtlichen Pflicht (vgl. BGH, Urteil vom 28.01.1985, II ZR 79/84, WM 1985, S. 567ff.).

II. Feststellung durch die Hauptversammlung aufgrund gemeinsamer Beschlussfassung von Vorstand und Aufsichtsrat

 

Rn. 6

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Durch jeweils gleichlautende Beschlüsse können Vorstand und AR abweichend vom gesetzlichen Leitbild der Feststellung durch Billigungsbeschluss des AR beschließen, die Feststellung des JA der HV zu überlassen (vgl. § 172 Satz 1 (2. Halbsatz) AktG). Nur durch die Versagung der Billigung des JA kann der AR auch ohne gleichlautenden Beschluss des Vorstands der HV die Feststellungskompetenz übertragen (vgl. § 173 Abs. 1 (2. Halbsatz) AktG).

 

Rn. 7

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Ein Beschluss, durch den die Feststellung des JA der HV übertragen wird, kann nur für den jeweiligen JA erfolgen. Ziel einer solchen Übertragung trotz Billigung des JA durch den AR ist, eine im Einzelfall sinnvoll erscheinende breite Grundlage für die Feststellung des JA zu schaffen (zum Ausnahmecharakter vgl. AktG-GroßKomm. (2006), § 172, Rn. 13).

III. Aufnahme in den Bericht des Aufsichtsrats

 

Rn. 8

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§ 172 Satz 2 AktG regelt die selbstverständliche Pflicht des AR, die HV genau über seine Beschlussfassungen zu unterrichten. Nach § 171 Abs. 2 Satz 4 AktG ist bereits die Billigung im Bericht des AR an die HV aufzuführen, so dass § 172 Satz 2 AktG lediglich die Beschlüsse meinen kann, durch die die Zuständigkeit der HV zur Feststellung des JA begründet wird (vgl. ADS (1997), § 172 AktG, Rn. 25; Hüffer-AktG (2020), § 172, Rn. 8).

IV. Änderung festgestellter Jahresabschlüsse

 

Rn. 9

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Die Zulässigkeit von Änderungen des festgestellten JA ist umstritten. Hierbei sind verschie...

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