Rn. 700

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Wird ein Überhang an aktiven latenten Steuern im Abschluss einer Gesellschaft angesetzt, ist zu überprüfen, ob der Bilanzgewinn des GJ unter Beachtung der Regelungen des § 268 Abs. 8 ganz oder teilweise ausschüttungsgesperrt ist und damit einer Verwendung den Anteilseignern nicht zur Verfügung steht (vgl. HdR-E, HGB § 268, Rn. 256ff.). Handelt es sich um eine Organgesellschaft in der Rechtsform einer KapG, sind die Regelung des § 301 AktG einschlägig, so dass als Gewinn höchstens der ohne die Gewinnabführung entstehende Jahresüberschuss, vermindert um einen Verlustvortrag aus dem VJ sowie den nach § 300 AktG in die gesetzlichen Rücklagen einzustellenden und nach § 268 Abs. 8 ausschüttungsgesperrten Betrag abgeführt werden darf (vgl. HdR-E, HGB § 268, Rn. 306ff.).

 

Rn. 701

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Für eine Organgesellschaft manifestiert sich eine Ausschüttungssperre in Form einer Abführungssperre. Im Kontext einer bestehenden Organschaft ist die Ermittlung eines abführungsgesperrten Betrags für einen Überhang an aktiven latenten Steuern mitunter ohne Bedeutung, da nicht die Organgesellschaft, sondern der Organträger aktive und passive latente Steuern für die sich während der organschaftlichen Zeit ergebenden temporären Differenzen der Organgesellschaft anzusetzen hat (vgl. HdR-E, HGB § 274, Rn. 302).

 

Rn. 702

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Davon gibt es jedoch Ausnahmen, so dass die Organgesellschaft dennoch aktive latente Steuern anzusetzen und somit die Abführungssperre zu beachten hat. Exemplarisch seien folgende Beispiele genannt:

  • Eine Organgesellschaft hat latente Steuern auf temporäre Differenzen insoweit zu erfassen, als sich diese in der nachorganschaftlichen Zeit umkehren. Dies ist immer der Fall, wenn ein Austritt einer Organgesellschaft aus dem Organkreis sich hinreichend konkretisiert hat. Ist bspw. der EAV zum BilSt der Organgesellschaft gekündigt, hat – sofern das Aktivierungswahlrecht i. R.d. Gesamtdifferenzbetrachtung ausgeübt werden soll – eine Organgesellschaft einen Überhang an aktiven latenten Steuern bereits zu diesem Zeitpunkt in ihrem eigenen Abschluss zu erfassen, so dass die Abführungssperre zu beachten ist (vgl. Dahlke, BB 2009, S. 878 (880)). Der abführungsgesperrte Betrag ermittelt sich nach der Brutto- (keine Berücksichtigung der beim Organträger für temporäre Differenzen der Organgesellschaft gebildeten latenten Steuern) oder Nettomethode (vgl. Lüdenbach, StuB 2012, S. 554 (555)). Da die Bruttomethode ausschließlich auf die Begebenheiten der Organgesellschaft abstellt, steht sie vollumfänglich im Einklang mit dem Gläubigerschutz dieser Gesellschaft und ist daher zu präferieren. Zwischen Organträger und Organgesellschaft können Steuerumlagen vereinbart werden. In Ausübung des Wahlrechts des DRS 18.35 kann eine Organgesellschaft latente Steuern in ihrem Abschluss ansetzen. Für Zwecke der Abführungssperre sind diese wie originäre latente Steuern zu behandeln (vgl. Schindler, BFuP 2011, S. 329 (340); Melcher/Murer, DB 2011, S. 2329 (2331); Liekenbrock/Vossel, DB 2012, S. 753 (754)). Sofern auch latente Steuerumlagen vereinbart und somit nicht nur tatsächlich bezahlte Steuern umgelegt werden, ist eine Steuerumlage wegen ihres Charakters als Vorweg-Gewinnausschüttung zu begrenzen, wenn gegen die Abführungssperre verstoßen würde (vgl. Liekenbrock/Vossel, DB 2012, S. 753 (754)). Die Beachtung der Abführungssperre hat Vorrang gegenüber den Bestimmungen eines Umlagevertrags.
  • Hat eine Organgesellschaft eine ausländische Betriebstätte und steht dem Belegenheitsstaat das Besteuerungsrecht (etwa durch eine Vereinbarung in einem DBA) zu, sind latente Steuern für das Betriebstättenvermögen eigenständig durch die Organgesellschaft zu ermitteln und zu berücksichtigen. Dieses Erfordernis ergibt sich aus der Möglichkeit der ausländischen Jurisdiktion, die von der Betriebstätte erzielten Gewinne der Ertragsbesteuerung unterziehen zu können.
 

Rn. 703

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Ergeben sich aufgrund von anderen Geschäftsvorfällen (z. B. der Bewertung von VG i. S. d. § 246 Abs. 2 Satz 2 zum beizulegenden Zeitwert nach § 253 Abs. 1 Satz 4) noch weitere abführungsgesperrte Beträge, kann unter Berücksichtigung der in Abzug zu bringenden Rücklagen die Ermittlung des abzuführenden Gewinns ein sehr komplexes Unterfangen werden. Sollte infolge der nicht korrekten Anwendung der einschlägigen Regelungen ein zu hoher oder zu geringer Gewinn abgeführt werden und somit die Voraussetzung des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KStG nicht erfüllt sein, droht die Nichtanerkennung der steuerlichen Organschaft. Ein solches steuerliches Risiko lässt sich durch den Nichtansatz eines Überhangs an aktiven latenten Steuern i. R.d. Gesamtdifferenzbetrachtung im Abschluss der Organgesellschaft verringern.

 

Rn. 704–749

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

vorläufig frei

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