Rn. 61

Stand: EL 37 – ET: 09/2022

Der Finanzverwaltung eröffnet die elektronische Übermittlung der E-Bilanz neue Möglichkeiten im Hinblick auf das Risikomanagement (vgl. HdR-E, Kap. 9, Rn. 60). Die Wirtschaft sowie deren Berater befürchteten hingegen aus dem definierten Mindestumfang einen erheblichen Anpassungsbedarf für das betriebliche Rechnungswesen sowie eine Erweiterung der Berichtspflichten. Gemäß § 5b EStG wird der Steuerpflichtige durch die E-Bilanz lediglich dazu verpflichtet, die vorhandenen Konten der jeweiligen Taxonomieposition zuzuordnen und diese – nach den Vorgaben der Finanzverwaltung und damit standardisiert – elektronisch zu übermitteln, während das Buchungsverhalten weitgehend unangetastet bleibt (vgl. BayLfSt/Finanzverwaltung NRW (2022), S. 4f.). Auch die in der Taxonomie eingefügten Auffangpositionen haben zum Ziel, Eingriffe in das Buchungsverhalten zu vermeiden (vgl. BayLfSt/Finanzverwaltung NRW (2022), S. 12). Ist eine Zuordnung der vorhandenen Konten zu den definierten Taxonomiepositionen nicht möglich, kann der Steuerpflichtige auf Auffangpositionen zurückgreifen, um die rechnerische Richtigkeit des Datensatzes zu gewährleisten (vgl. BayLfSt/Finanzverwaltung NRW (2022), S. 12). Die Auswirkungen auf den Kontenrahmen und das damit verbundene Buchungsverhalten stellen vielmehr eine Frage des sog. Tax Compliance-Levels dar. Unter dem Begriff "Tax Compliance" wird – aus Sicht des Steuerpflichtigen – die Einhaltung und Erfüllung steuerlicher Pflichten verstanden (vgl. Seer, StuW 2003, S. 40 (50)).

Wie die Erfahrungen zeigten, wurde in den ersten Jahren der Übermittlungspflicht nach § 5b EStG mehrheitlich die "Minimalstrategie" angewendet (vgl. dazu Herzig/Briesemeister/Schäperclaus, DB 2011, S. 2509 (2515); Beck-HdR, B 771 (2014), Rn. 142ff.). In den Folgejahren fand auf Seiten der Wirtschaft jedoch ein Umdenkprozess statt (vgl. Kowallik/Bongaerts, DB 2016, Beilage Nr. 4 zu Heft 47, S. 1 (9); Grabowski, BBK 2019, S. 310 (313)), so dass inzwischen auch zusätzliche Daten übermittelt werden. Somit gelangen aktuell eher die "Neutralstrategie" oder die "Maximalstrategie" zur Anwendung. Bei der "Neutralstrategie" werden der Finanzverwaltung auch freiwillige Informationen zur Verfügung gestellt, da deren Bereitstellung mit keinem oder nur geringem Aufwand verbunden ist (vgl. Herzig/Briesemeister/Schäperclaus, DB 2011, S. 2509 (2515)). Im Hinblick auf den Kontenrahmen bedeutete dies, dass nur die Konten erweitert wurden, die zur Erfüllung des Mindestumfangs notwendig sind und Auffangpositionen lediglich in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen. Entschied sich der Steuerpflichtige hingegen für die "Maximalstrategie" (vgl. Herzig/Briesemeister/Schäperclaus, DB 2011, S. 2509 (2515)), so musste er den Kontenrahmen sowohl um Mussfelder als auch um rechnerisch notwendige Positionen erweitern. Um den Aufwand gering zu halten, wird empfohlen, steuerlich gesondert auszuweisende Sachverhalte bereits unterjährig bei der Erfassung der laufenden Geschäftsvorfälle zu berücksichtigen. Die Notwendigkeit der differenzierten Erfassung wird durch die Gültigkeit der Steuertaxonomie für die HB verstärkt, auch wenn die Finanzverwaltung es nicht beanstandet, wenn der Steuerpflichtige die Mussfeldtiefe noch nicht in der übermittelten HB abbildet (vgl. BayLfSt/Finanzverwaltung NRW (2022), S. 19). Eine solche Vorgehensweise ist aufgrund der Verpflichtung der Abbildung der Mussfeldtiefe, die in diesem Fall i. R.d. Umgliederungsrechnung erfolgt, und des daraus resultierenden Mehraufwands nach hier vertretener Ansicht abzulehnen. Die frühere Bearbeitungsreihenfolge, erst nach Ablauf des WJ die steuerlichen Überleitungen zu erstellen, ist seit der Einführung der E-Bilanz somit nicht mehr (vgl. Koch/Nagel, NWB 2010, S. 1340 (1344)) oder nur mit großem Aufwand möglich. Voraussetzung für die unterjährige Erfassung steuerlicher Sachverhalte ist die Ausrichtung der Kontenrahmen an den Anforderungen der Steuertaxonomie und nicht an den handelsrechtlichen Gliederungsschemata der §§ 266 und 275 oder internationalen Anforderungen. Insbesondere bei international operierenden UN erwies sich die Erfüllung dieser Anforderung als schwierig, da die Kontenrahmen an internationalen RL-Standards ausgerichtet sind, d. h. im Regelfall erfolgt das Kontenmapping von IFRS auf HGB als lokalen RL-Standard. Steuergesetze des jeweiligen Landes können insoweit keine Berücksichtigung finden (vgl. ZKA (2010), S. 5). Angesichts der erheblichen Gliederungstiefe der Bilanz und GuV wurde die Erweiterung zum Einführungszeitpunkt der E-Bilanz auf mehr als 100 Konten geschätzt (vgl. Dehler, DStR-KR 2010, S. 41; Statistiken über die tatsächlich vorgenommenen Erweiterungen sind nicht verfügbar). Bei der Kontenzuordnung ist grds. zu beachten, dass diese stets auf Mussfeld-Ebene zu erfolgen hat und nicht auf Ebene der handelsrechtlichen Posten (vgl. §§ 266 und 275) bzw. der Summenmussfelder. Sofern bspw. die Konten "Kasse" und "Bank" dem nach § 266 Abs. 2 B. IV. auszuweise...

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