Rn. 9

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Der Sonderprüfer wird nur auf einen Antrag hin bestellt. Antragsberechtigt ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut jeder Aktionär, also bereits derjenige, der nur eine einzige Aktie besitzt (vgl. KonzernR (2022), § 315 AktG, Rn. 7; Hüffer-AktG (2022), § 315, Rn. 2). Die Aktionärseigenschaft ist unverzichtbar (vgl. zum fehlenden Antragsrecht von Gesellschaftsgläubigern HdR-E, AktG § 315, Rn. 6). Entgegen der Grundregel des § 142 Abs. 2 AktG kommt es auf eine Mindestbesitzzeit nicht an (vgl. KK-AktG (2004), § 315, Rn. 3; MünchKomm. AktG (2020), § 315, Rn. 16; HB-GesR (2020/IV), § 70, Rn. 123; Noack, WPg 1994, S. 225 (234); abweichend noch AktG-GroßKomm. (1975), § 315, Rn. 4). Die in § 142 Abs. 2 Satz 2 AktG verlangte Vorbesitzzeit von drei Monaten soll die Gesellschaft vor schikanösen Anträgen schützen. Angesichts der strengen Tatbestandsvoraussetzungen des § 315 Satz 1 Nr. 1–3 AktG ist ein entsprechender Schutz bei der gruppenspezifischen Sonderprüfung entbehrlich (vgl. BeckOGK-AktG (2022), § 315, Rn. 5). Außerdem stellt § 142 Abs. 2 Satz 2 AktG auf den Zeitpunkt der HV ab, während das Einzelrecht des § 315 Satz 1 AktG gerade nicht von einer vorausgegangenen Beschlussfassung der HV abhängt (vgl. HB-GesR (2020/IV), § 70, Rn. 123; Noack, WPg 1994, S. 225 (234)).

 

Rn. 10

Stand: EL 38 – ET: 01/2023

Eine Hinterlegung der Aktien ist bei der Wahrnehmung der Einzelantragsbefugnis gemäß § 315 Satz 1 AktG ebenso wenig erforderlich wie sonst bei der Ausübung von Einzelrechten des Aktionärs (vgl. zur aktienrechtlichen Anfechtungsbefugnis § 245 Nr. 1–3 AktG). Der Antragsteller muss lediglich seine Eigenschaft als Aktionär nachweisen (heute h. M.; vgl. KonzernR (2022), § 315 AktG, Rn. 7; KK-AktG (2004), § 315, Rn. 3; Hüffer-AktG (2022), § 315, Rn. 2; HB-GesR (2020/IV), § 70, Rn. 123, sowie die Abkehr vom entsprechenden Erfordernis in § 142 Abs. 2 Satz 2 AktG). Bei Namensaktien geschieht dies durch Eintragung in das Aktienregister, sonst durch Vorlage der Aktienurkunde, des Hinterlegungsscheins oder auf andere Weise (vgl. KonzernR (2022), § 315 AktG, Rn. 7). Die Veräußerung seiner Aktien während des Antragsverfahrens führt ebenso wie nach § 142 Abs. 2 Satz 2 AktG, der einen Nachweis des Fortbestehens des Aktienbesitzes fordert, zum Erlöschen der Antragsbefugnis des ausscheidenden Aktionärs (so die wohl h. M.; vgl. KonzernR (2022), § 315 AktG, Rn. 7; MünchKomm. AktG (2020), § 315 , Rn. 16; Hölters-AktG (2022), § 315, Rn. 11; KK-AktG (2004), § 315, Rn. 3). Zwar mag die Aufklärung der beanstandeten Sachverhalte durch den Sonderprüfer im Interesse des Erwerbers liegen, so dass man sich aus rechtspolitischer Sicht eine andere Lösung vorstellen könnte. Angesichts der vom Gesetzgeber bezweckten Lückenfüllungsfunktion der §§ 142ff. AktG (vgl. HdR-E, AktG § 315, Rn. 5) führt aber an dem Rückgriff auf die Wertung des § 142 Abs. 2 Satz 2 AktG nach der lex lata kein Weg vorbei.

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