Schuldner verbleibt Mindestwohnraum

Wohnt der Schuldner auf dem Grundstück, so sind ihm die für sich und seine Familie unentbehrlichen Wohnräume zu belassen (§ 149 Abs. 1 ZVG). Der Schuldner hat aber keinen Anspruch darauf, dass ihm alle bisher benutzten Räume verbleiben.

Unmittelbarer Eigenbesitz?

Beruft sich der Schuldner auf Wohnungsschutz, so ist entscheidend, zu welchem Zeitpunkt er unmittelbaren Eigenbesitz an dem betreffenden Grundstück erlangt hat. Das hat der BGH[1] klargestellt:

  • § 149 Abs. 1 ZVG setzt die Wohnnutzung des zwangsverwalteten Grundstücks bei Beschlagnahme kraft Eigentums und unmittelbaren Eigenbesitzes durch den Verfahrensschuldner und seine mitwohnenden Familienangehörigen voraus.
  • Der Wohnungsschutz für den Verfahrensschuldner und mitwohnende Angehörige entfällt, wenn das Grundstück vor der Beschlagnahme vollständig an einen Dritten zur alleinigen Nutzung vermietet und übergeben worden ist. Das gilt auch, wenn der Verfahrensschuldner es von dem Dritten zurückmietet.
  • Der Verfahrensschuldner und Grundstückseigentümer kann sich auf den Wohnungsschutz nicht berufen, wenn er den unmittelbaren Eigenbesitz erst nach Beschlagnahme des zwangsverwalteten Grundstücks erhält.

Fazit: Dem Anspruch des Zwangsverwalters auf Überlassung des Besitzes an dem zwangsverwalteten Grundstück kann nur der aufgrund Eigentums bestehende unmittelbare Eigenbesitz, nicht jedoch der aufgrund Eigentums bestehende mittelbare Eigenbesitz entgegengehalten werden.[2]

Insolvenz der Wohnungseigentümer

Ob der Wohnungsschutz auch gegenüber dem Zwangsverwalter zur Anwendung gelangt, wenn gegen die Eigentümer das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, war bislang umstritten. Doch der BGH[3] hat die Schuldnerposition gestärkt, und zwar in folgendem Fall:

 
Praxis-Beispiel

Wohnungsschutz bei Insolvenz

Der Kläger ist Zwangsverwalter einer Eigentumswohnung, die je zur ideellen Hälfte den beklagten Eheleuten gehört und von ihnen gemeinsam bewohnt wird. Über die Vermögen beider Beklagten war bereits zuvor das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Die Treuhänder der Beklagten haben die Eigentumswohnung nicht als Massebestandteil in Besitz genommen und mit dem Kläger keinen Mietvertrag über die Nutzung der zwangsverwalteten Wohnung abgeschlossen. Der Zwangsverwalter begehrt nunmehr Räumung und Herausgabe der Wohnung.

Nach Auffassung des BGH ist die auf § 150 Abs. 2 ZVG gestützte Klage des Zwangsverwalters auf Besitzverschaffung abzuweisen, weil die Beklagten die zwangsverwaltete Eigentumswohnung weiter bewohnen dürfen. § 149 Abs. 1 ZVG begründe ein entsprechendes gesetzliches Wohnrecht für den Verfahrensschuldner gegenüber dem Zwangsverwalter. Es handele sich um einen Fall der Unterhaltsgewährung aus Billigkeitsgründen. Die Vorschrift greife auch dann ein, wenn die Zwangsverwaltung des Wohneigentums mit einem Insolvenzverfahren gegen die Eigentümer zusammentrifft, so etwa, wenn – wie hier – die Zwangsverwaltung auf Antrag der Gläubigerin einer vollstreckbaren Grundschuld erst nach Eröffnung des (vereinfachten) Insolvenzverfahrens gegen beide Miteigentümer angeordnet worden ist. Rechtlich stünden das Wohnrecht des Schuldners gegenüber dem Zwangsverwalter nach § 149 Abs. 1 ZVG und das Recht des Insolvenzschuldners auf pflichtmäßige Ermessensausübung gegenüber Gläubigerversammlung oder Insolvenzverwalter nach § 100 InsO, ihm den Gebrauch der eigenen Wohnung weiter zu gestatten, nebeneinander. Die Zwangsverwaltung werde deshalb rechtlich nicht beeinträchtigt, wenn der Insolvenzverwalter und die Gläubigerversammlung davon absehen, den Wohnbesitz der Insolvenzschuldner durch eine anders lautende Unterhaltsentscheidung zur Masse zu ziehen.

 
Hinweis

Wegfall des Schutzes

Der soziale Schutz des § 149 Abs. 1 ZVG tritt erst nach der Zwangsversteigerung gegenüber den Insolvenzgläubigern zurück: Erwartet der Insolvenzverwalter aus dem selbst genutzten Wohneigentum des Schuldners einen Verwertungsüberschuss für die Masse, kann er jederzeit nach § 165 InsO die Zwangsversteigerung des Anwesens betreiben. Die Zwangsverwaltung muss dann nach Zuschlag an den Ersteher aufgehoben werden.[4]

Sonderfälle

Bei dauerhafter Unterbringung in einem Pflegeheim verliert der Schuldner sein vom Zwangsverwalter zuerkanntes Wohnrecht.[5] Ist mit der Pfändung des Nießbrauchs an einem Grundstück die Anordnung der Verwaltung verbunden worden, richtet sich das Verwaltungsverfahren grundsätzlich nach den Vorschriften der §§ 146 ff. ZVG. Der Schuldner, der nicht Eigentümer ist, kann sich dem Verwalter gegenüber nicht auf ein Wohnrecht berufen.[6] Kein Wohnraumschutz besteht ferner, wenn der Schuldner das Objekt vom Zwangsverwalter anmietet.[7]

Wohnungswechsel?

Die Überlassung der notwendigen Wohnräume erfolgt unentgeltlich. Der Schuldner braucht grundsätzlich keine Nutzungsentschädigung zu zahlen. Wohnt der Schuldner zur Zeit der Beschlagnahme auf dem Grundstück und umfasst die Wohnung Räume, die für seinen Hausstand entbehrlich sind, aber mangels baulicher Trennung nicht selbstständig vermietet w...

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