Verwirrung droht!

In manchen Fällen kann nicht sofort geklärt werden, ob ein Beteiligter beeinträchtigt ist. Stimmen alle möglicherweise beeinträchtigten Beteiligten dem Abänderungsbegehren zu, wird dem Antrag stattgegeben. Andernfalls ist ein sog. Doppelausgebot notwendig (§ 59 Abs. 2 ZVG): Es muss ein Gebot zu den gesetzlichen und ein Gebot zu den abweichenden Versteigerungsbedingungen abgegeben werden. Werden mehrere Abweichungen von den Versteigerungsbedingungen gefordert, kann es zu mehrfachen Doppelausgeboten kommen. Hier ist besondere Aufmerksamkeit geboten, um nicht den Überblick zu verlieren!

Wertvergleich

Kommt es im Rahmen der Zwangsversteigerung eines Grundstücks zum Doppelausgebot, sind die nach den gesetzlichen und den abweichenden Bedingungen abgegebenen Gebote in ihrem wirtschaftlichen Wert zu vergleichen.[1]

Mehrere Grundstücke

Zu abgeänderten Versteigerungsbedingungen mit Doppelausgeboten kommt es häufig bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke. Als mehrere Grundstücke gelten auch, wenn 2 oder mehr Miteigentumsanteile in einem Verfahren versteigert werden (etwa bei Ehegatten).

Die zeitgleiche Versteigerung mehrerer Grundstücke durch das Vollstreckungsgericht ist auch dann zulässig, wenn die Voraussetzungen für eine Verbindung der Verfahren nach § 18 ZVG nicht vorliegen. Diese Verfahrensweise widerspricht im Regelfall auch nicht dem verfassungsrechtlichen Gebot einer fairen Verfahrensgestaltung.[2]

Grundsatz

Grundsätzlich sind mehrere in demselben Verfahren zu versteigernde Grundstücke einzeln auszubieten. Allerdings können Grundstücke, die mit einem einheitlichen Bauwerk überbaut sind, auch gemeinsam ausgeboten werden (§ 63 Abs. 1 ZVG).

Aber: Wird ein Grundstück doppelt ausgeboten, obwohl die verlangten abweichenden Bedingungen den gesetzlichen Bedingungen inhaltlich entsprechen, ist der Zuschlagsversagungsgrund des § 83 Nr. 1 ZVG gegeben.

[3]

Gesamtrecht

Das Einzelausgebot kann zu Problemen führen, wenn – was oft der Fall ist – auf den Grundstücken oder Bruchteilen Gesamtbelastungen (Hypotheken, Grundschulden) ruhen. Denn solche Gesamtbelastungen werden bei jedem Einzelgrundstück mit dem vollen Betrag berücksichtigt. Dadurch liegt das geringste Gebot vielfach über dem Wert des Grundstücks(teils):

 
Praxis-Beispiel

Grundstücke mit Gesamtbelastungen

Grundstücke mit Gesamtbelastungen

2 Grundstücke A und B sind belastet mit 40.000 EUR (Abt. III Nr. 1) und mit 10.000 EUR (Abt. III Nr. 2). Letzter Gläubiger betreibt die Versteigerung.

 
Wert des Grundstücks A: 20.000 EUR
Wert des Grundstücks B: 30.000 EUR
Zinsen aus Abt. III Nr. 1: 5.000 EUR

Das geringste Gebot (ohne Verfahrenskosten und Rangklassen 1–3) beläuft sich auf jeweils:

 
Bargebot: 5.000 EUR
bestehen bleibendes Recht: 40.000 EUR
  45.000 EUR

Das geringste Gebot übersteigt mithin weit den jeweiligen Grundstückswert! Um diese Schwierigkeiten zu vermeiden, können die Beteiligten abweichende Versteigerungsbedingungen vereinbaren. Es gibt 2 Möglichkeiten:

1. Möglichkeit:

Verteilung des Gesamtrechts

Der Eigentümer, der betreibende Gläubiger oder jeder dem Gesamtpfandrechtsgläubiger gleich- oder nachstehende Beteiligte kann beantragen, dass bei der Feststellung des geringsten Gebots das Gesamtrecht auf die Einzelgrundstücke verteilt wird. Die Verteilung erfolgt im Verhältnis des Werts des Einzelgrundstücks zu dem Wert der sämtlichen Grundstücke unter Berücksichtigung der vorgehenden Belastungen (§ 64 ZVG):

Beispiel

Bei den Ausgangszahlen wie in obigem Beispiel wird das Recht Abt. III Nr. 1 wie folgt verteilt:

 
  A B
Kapital 16.000 EUR 24.000 EUR
Zinsen 2.000 EUR 3.000 EUR

Nunmehr liegt das geringste Gebot unter dem jeweiligen Einzelgrundstückswert.

2. Möglichkeit:

Gesamtausgebot

Jeder Beteiligte kann aber auch verlangen, dass neben dem Einzelausgebot alle Grundstücke zusammen ausgeboten werden (Gesamtausgebot, § 63 Abs. 2 ZVG).[4] Dabei werden die mehreren Grundstücke wie ein Grundstück behandelt. Die Zustimmung irgendeines anderen Beteiligten ist hierfür nicht erforderlich. Das Einzelausgebot kann auch unterbleiben, wenn die anwesenden Beteiligten, deren Rechte bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht zu berücksichtigen sind, hierauf verzichtet haben (§ 63 Abs. 4 ZVG), und zwar ausdrücklich zu Protokoll im Versteigerungstermin.[5] Stimmen nicht alle zu, müssen beide Gebotsarten nebeneinander durchgeführt werden (Doppelausgebot).

Vergleich der Ausgebote

Ein Meistgebot bei einem Einzelgrundstück kann zu einer Veränderung des geringsten Gebots bei dem Gesamtausgebot führen. Der Zuschlag wird aufgrund des Gesamtausgebots nur erteilt, wenn das Meistgebot höher ist als das Gesamtergebnis der Einzelausgebote (§ 63 Abs. 3 ZVG).

Werden mehrere Grundstücke in einem Termin versteigert, so kann das auf das Gesamtausgebot abgegebene Meistgebot (Gesamtmeistgebot) auch dann gem. § 63 Abs. 3 Satz 2 ZVG höher sein als das Gesamtergebnis der Einzelausgebote, wenn die Beteiligten im Termin nach § 63 Abs. 4 Satz 1 ZVG für einige Grundstücke auf Einzelausgebote verzichtet haben.[6]

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