Leitsatz

Das sog. Bankengeheimnis nach § 30a AO schließt nicht aus, dass einer Bank die von ihr vereinnahmten Erträge aus ausländischen Wertpapieren nach § 159 AO zugerechnet werden, wenn sie nicht nachweist, dass sie die Papiere lediglich treuhänderisch für ihre Kunden hält.

 

Sachverhalt

Eine Privatbank wendet sich gegen die Zurechnung von Dividenden und ähnlichen Zahlungen, die das Finanzamt aufgrund von Kontrollmitteilungen US-amerikanischer Steuerbehörden über entsprechende Einnahmen in den USA – unter Ansatz der jeweiligen Steuerabzugsbeträge – mit Gewinnfeststellungs- und Gewerbesteuer-Messbetragsbescheiden berücksichtigt hat. Grund der Zahlungen waren laut Bank Wertpapiergeschäfte, die sie für einige Kunden als Kommissionär durchgeführt hatte. Die entsprechenden Papiere seien nicht selbst, sondern von US-Banken verwahrt worden. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg, da das FG bereits für Vorjahre die Rechtmäßigkeit der Zurechnung mit dem fehlenden Nachweis der Treuhänderstellung der Bank bejaht hatte.

 

Entscheidung

Der BFH hält die streitige Zurechnung der Kapitaleinkünfte für rechtmäßig. Nach § 159 Abs. 1 AO hat derjenige, der behauptet, dass er Rechte, die auf seinen Namen lauten, oder Sachen, die er besitzt, nur als Treuhänder, Vertreter eines anderen oder Pfandgläubiger innehabe oder besitze, auf Verlangen nachzuweisen, wem die Rechte oder Sachen gehören; anderenfalls sind sie regelmäßig ihm zuzurechnen. Diese Voraussetzungen sind hier wegen der Behauptung der Klägerin gegeben, bei den in den Kontrollmitteilungen genannten Beträgen handle es sich um Erträge aus ausländischen Wertpapieren, die sie als Treuhänderin für einen Teil ihrer Kunden vereinnahmt habe. § 159 AO wirkt sich auch auf die Zurechnung von Einkünften aus, soweit es ertragsteuerlich auf das Eigentum oder die Inhaberschaft an Vermögenswerten ankommt. Wird das Benennungsverlangen nicht erfüllt, stellt die Vorschrift die Entscheidung, ob die Sachen und Rechte dem Treuhänder zuzurechnen sind, in das pflichtgemäße Ermessen des Finanzamts[1]. Die Ermessensentscheidung ist vom FG nach § 102 FGO nur daraufhin zu überprüfen, ob sie rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

Solche Ermessensfehler sind hier selbst mit Blick auf § 30a AO zu verneinen. Die danach bestehende Pflicht des Finanzamts, bei der Ermittlung des Sachverhalts das Vertrauensverhältnis zwischen Kreditinstitut und Kunden besonders zu berücksichtigen, lässt die Zurechnung treuhänderisch verwahrter Gelder jedenfalls dann nicht ermessensfehlerhaft erscheinen, wenn ein Nachweis des Kreditinstituts fehlt, die fraglichen Gelder nur als Treuhänder in Empfang genommen zu haben. Insoweit kann nichts anderes gelten, als wenn ein Angehöriger der einem Berufsgeheimnis unterliegenden Berufe behauptet, bestimmte Vermögensgegenstände treuhänderisch innezuhaben oder zu besitzen. Insoweit schließt das Berufsgeheimnis nur die Benennung des Treugebers aus, entbindet aber nicht von dem Nachweis eines Treuhandverhältnisses[2]. Der Umstand, dass der Verwahrung ausländischer Wertpapiere durch inländische Banken regelmäßig ein Treuhandverhältnis zugrunde liegt, lässt nämlich nicht mit ausreichender Sicherheit darauf schließen, dass eine inländische Bank ausländische Wertpapiererträge, die ihr den Kontrollmitteilungen ausländischer Steuerbehörden zufolge zugeflossen sind, immer nur als Treuhänderin für ihre Kunden vereinnahmt. Selbst bestehende technische Schwierigkeiten für den Nachweis der Treuhänderschaft ohne Nennung der Namen der Treugeber können eine Bank deshalb nicht von der Nachweispflicht entbinden, weil sie andernfalls ohne sachlichen Grund gegenüber anderen von der Sanktion des § 159 Abs. 1 AO betroffenen Steuerpflichtigen bevorzugt würde.

 

Praxishinweis

Der Emittent von Inhaberschuldverschreibungen ist dagegen nicht verpflichtet, dem an ihn gerichteten Verlangen des Finanzamts gemäß § 160 Abs. 1 Satz 1 AO nachzukommen, weil es wegen der zivilrechtlichen Gegebenheiten bei Inhaberpapieren regelmäßig außerhalb des Kenntnis- und Einflussbereichs des Emittenten liegt, den Gläubiger der verbrieften Ansprüche zu ermitteln[3]. Die Ausgestaltung von im Streitfall betroffenen Kommissionsgeschäften ist damit – so der BFH – nicht vergleichbar.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 27.9.2006, IV R 45/04

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