Leitsatz

Die Bildung einer Rückstellung für Jubiläumsleistungen setzt auch unter der Geltung des § 5 Abs. 4 EStG nicht voraus, dass sich der Dienstberechtigte rechtsverbindlich, unwiderruflich und vorbehaltlos zu der Leistung verpflichtet hat.

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine AG, war alleinige Kommanditistin der X-KG. Die Komplementäre waren weder am Kapital noch am Gewinn beteiligt und schieden 1997 aus der KG aus. Das Gesellschaftsvermögen der KG ging durch Anwachsung auf die AG als Gesamtrechtsnachfolgerin der vollbeendeten KG über. In der Bilanz zum 31.12.1994 hatte die KG eine Jubiläumsrückstellung gebildet. Dieser lag eine Betriebsvereinbarung zwischen der AG und dem Gesamtbetriebsrat zugrunde, die auch für die KG galt und für Betriebsangehörige eine freiwillige Jubiläumsgabe nach zehnjähriger Dienstzeit von 600 DM sowie nach 25-, 40- bzw. 50-jähriger Dienstzeit von mehreren Monatsgehältern und Belegschaftsaktien vorsah. Hierbei handelte es sich ausdrücklich um jederzeit widerrufliche Leistungen ohne Rechtsanspruch. Das Finanzamt erkannte die Rückstellung nicht an. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Dagegen richtet sich die Revision der AG. Der BFH hat die Sache zurückverwiesen.

 

Entscheidung

Nach der Rechtsprechung[1] ist für Dienstjubiläumszusagen des Arbeitgebers an Arbeitnehmer eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden, soweit die Voraussetzungen einer ungewissen Verbindlichkeit erfüllt sind und die zugesagten Jubiläumszuwendungen auf Leistungen der Arbeitnehmer in der Vergangenheit entfallen. Diese Verpflichtung wird im Streitjahr durch § 5 Abs. 4 EStG i.d.F. des StRefG 1990[2] modifiziert. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist das Bestehen einer dem Betrag nach ungewissen Verbindlichkeit oder die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung einer Verbindlichkeit dem Grunde nach – deren Höhe zudem ungewiss sein kann – sowie ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag[3].

Als jederzeit widerrufliche Leistung war die Gewährung der Zuwendungen ersichtlich ungewiss. Ebenso war sie bereits im abgelaufenen Wirtschaftsjahr oder früher veranlasst, weil die Jubiläumsleistung im Hinblick auf die schon bewirkte Leistung der Arbeitnehmer erbracht wird. Ob ihr Entstehen im Streitfall auch hinreichend wahrscheinlich ist, muss auf der Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender und spätestens bei Aufstellung der Bilanz erkennbarer Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns beurteilt werden[4]. Diese Tatsachen hat das FG festzustellen. Fehlende Feststellungen führen – wie im Streitfall – zur Zurückverweisung.

Eine auf dieser Grundlage nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB zu bildende Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist wegen der Maßgeblichkeit der Handels- für die Steuerbilanz auch im Steuerrecht zu bilden. Dafür ist nicht erforderlich, dass die Rückstellung eine rechtsverbindliche, unwiderrufliche und vorbehaltlose Verpflichtung des Dienstberechtigten betrifft. Denn der Gesetzgeber hat für Jubiläumsrückstellungen nach dem Wortlaut der §§ 5 Abs. 4, 52 Abs. 6 EStG nur gefordert, dass das Dienstverhältnis mindestens zehn Jahre bestanden hat, das Dienstjubiläum das Bestehen eines Dienstverhältnisses von mindestens 15 Jahren voraussetzt, die Zusage schriftlich erteilt ist und der Zuwendungsberechtigte seine Anwartschaft nach dem 31.12.1992 erworben hat. Die weitergehende Absicht[5], solche Rückstellungen nur zuzulassen, soweit der Berechtigte in jedem Fall der Beendigung des Dienstverhältnisses vor Erreichen des Jubiläums bereits am Bilanzstichtag einen Anspruch auf die Zuwendung besitzt, ist im Gesetzgebungsverfahren bewusst aufgegeben worden[6]. Ebenso wenig ist dem Wortlaut der §§ 5 Abs. 4, 52 Abs. 6 EStG zu entnehmen, dass die Verpflichtung des Dienstberechtigten unwiderruflich bzw. vorbehaltlos sein muss. Denn anders als in § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG hat der Gesetzgeber hierzu keine Regelung getroffen. Im Übrigen handelt es sich auch bei einer Jubiläumszusage, die häufig unter einem Vorbehalt erteilt wird, um eine Zusage i.S. des § 5 Abs. 4 EStG.

 

Praxishinweis

Der BFH konnte offen lassen, ob der Anspruch gegebenenfalls erst mit der Auszahlung an den Jubilar entsteht oder bereits entstanden oder widerruflich ist[7]. In beiden Fällen ist letztlich die voll wirksame Entstehung der Verbindlichkeit dem Grunde nach ungewiss. Zudem sind die Jubiläumszuwendungen bei Vollendung der 25-, 40- und 50-jährigen Dienstzeit auch ihrer Höhe nach ungewiss. Denn sie knüpfen an die zukünftigen Monatsgehälter der Betriebsangehörigen sowie an den zukünftigen Aktienkurs an. Ebenso ist im Fall einer erst künftig entstehenden Verbindlichkeit gegebenenfalls eine Rückstellung zu bilden[8].

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 18.1.2007, IV R 42/04

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