Leitsatz

  1. Dem Arbeitnehmer fließt der geldwerte Vorteil in Form verbilligter Aktien in dem Zeitpunkt zu, in dem er die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Aktien erlangt.
  2. Ein solcher Zufluss liegt nicht vor, solange dem Arbeitnehmer eine Verfügung über die Aktien rechtlich unmöglich ist.
 

Sachverhalt

K war Arbeitnehmer der A-GmbH. Deren Muttergesellschaft, die A-Inc. (USA), gewährte K Optionen auf Aktien. K erwarb in Ausübung der Optionen sog. "restricted shares". Diese Aktien waren innerhalb von zwei Jahren weder handel-, noch liefer,- noch beleihbar. Nach einer Haltefrist von einem Jahr konnten sie nur unter bestimmten Bedingungen verkauft werden. Erst nach einem weiteren Jahr war ein freier Verkauf möglich. Der Aktienerwerb wurde wegen der Verfügungsbeschränkungen lohnsteuerlich nicht erfasst. Das Finanzamt erhöhte daher die Einkünfte von K. Die dagegen erhobene Klage war erfolglos.

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache zurück. Das FG hat festzustellen, nach welchen Rechtsgrundsätzen die Aktien übertragen werden konnten und welche Rechtsstellung K in Bezug auf die Aktien mit der Optionsausübung erlangt hatte. Auf dieser Grundlage ist dann zu würdigen, ob K schon mit Optionsausübung die Verfügungsmacht über die Aktien erlangt hatte.

 

Kommentar

Praxishinweis

Zum Arbeitslohn gehören auch verbilligt überlassene Aktien, wenn sie zugeflossen sind. Das ist mit Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht der Fall. Sperr- oder Haltefristen schließen den Zufluss nicht aus, weil die Veräußerung dennoch rechtlich möglich bleibt. Einschränkungen, die über eine schuldrechtliche Wirkung hinausgehen, sind grundsätzlich unwirksam. Anderes gilt aber schon nach deutschem Aktienrecht bei der Vinkulierung von Aktien. Muss die AG der Aktienübertragung zustimmen, sind die verfügenden Rechtsgeschäfte nur mit Zustimmung wirksam, ohne sie schwebend unwirksam und bei Weigerung von vornherein unwirksam. Diese Grundsätze gelten auch für lohnsteuerrechtliche Zwecke. Aktien sind daher nicht zugeflossen, solange dem Arbeitnehmer eine Verfügung darüber rechtlich unmöglich ist.

Im Streitfall war nicht hinreichend geklärt, ob K die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die dem US-Recht unterliegenden Aktien erlangt hatte. War K nur schuldrechtlich verpflichtet, die Aktien nicht weiter zu veräußern oder war ihm eine Verfügung rechtlich unmöglich? Einen möglichen Dividendenbezug ließ der BFH mit Hinweis auf das Rechtsinstitut der Wertpapierleihe nicht ausreichen. Auch der Umstand, dass "restricted shares" teilweise als vinkulierte Aktien verstanden werden, genügte für die rechtliche Inhaberschaft nicht. Die Grundsätze des deutschen Aktienrechts zur Vinkulierung von Aktien besagen nichts zur Wirksamkeit der Übertragung amerikanischer Aktien.

 

Link zur Entscheidung

BFH, 30.6.2011, VI R 37/09.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt WohnungsWirtschafts Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen