Leitsatz

  1. Zivilprozesskosten können Kläger wie Beklagtem unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen (Änderung der Rechtsprechung).
  2. Unausweichlich sind derartige Aufwendungen jedoch nur, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
  3. Zivilprozesskosten sind jedoch nur insoweit abziehbar, als sie notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht überschreiten. Etwaige Leistungen aus einer Rechtsschutzversicherung sind im Rahmen der Vorteilsanrechnung zu berücksichtigen.
 

Sachverhalt

K unterhielt eine Krankentagegeldversicherung für den Fall mehr als 6-wöchiger Arbeitsunfähigkeit. Als K erkrankte und die Gehaltszahlung eingestellt wurde, bezog K zunächst Krankentagegeld. Nachdem ein Parkinson-Syndrom mit Arbeits- und Berufsunfähigkeit diagnostiziert worden war, verweigerte der Versicherer weitere Zahlungen. K machte Prozesskosten von 9.906 EUR als außergewöhnliche Belastung geltend. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidung

Bei Kosten eines Zivilprozesses spricht keine Vermutung mehr gegen die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen. Die Zwangsläufigkeit von Prozesskosten erschließt sich nicht aus der Unausweichlichkeit des dem streitigen Anspruch zugrunde liegenden Ereignisses. Entscheidend ist vielmehr, dass der Steuerpflichtige sein Recht im Verfassungsstaat nicht eigenmächtig gewaltsam, sondern nur durch Beschreiten des Rechtswegs durchsetzen darf. Daher erwachsen Zivilprozesskosten sowohl Kläger als auch Beklagtem aus rechtlichen Gründen zwangsläufig. Zivilprozesskosten sind nur dann nicht zu berücksichtigen, wenn sich der Steuerpflichtige mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen hat. Hat die Rechtsverfolgung aus Sicht eines verständigen Dritten keine hinreichenden Erfolgsaussichten, sind die Kosten nicht unausweichlich.

 

Kommentar

Praxishinweis

Die Praxis wird künftig die Gesamtumstände des Einzelfalls ex ante danach würdigen müssen, ob ein Prozess nicht mutwillig und mit hinreichender Aussicht auf Erfolg geführt worden ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, 12.5.2011, VI R 42/10.

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