Leitsatz

Der Verlustabzug ist bei einer Körperschaft nur möglich, wenn die Gesellschaft nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich mit der Körperschaft identisch ist, die den Verlust erlitten hat. Ein Verlust der wirtschaftlichen Identität setzt einen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen der Übertragung der Gesellschaftsanteile und der Zuführung neuen Betriebsvermögens voraus. Solch ein Zusammenhang kann bereits nicht mehr bestehen, wenn die Anteile mehr als ein Jahr vor der Zuführung neuen Betriebsvermögens übertragen werden.

 

Sachverhalt

Eine GmbH betrieb bis Februar 1996 einen Einzelhandel mit Eisenwaren; ab April 1996 wurde die Tätigkeit einer Dachklempnerei aufgenommen und dazu erhebliches Anlagevermögen zugeführt. Bereits im Januar 1993 wurden 25 % und im Dezember 1994 die restlichen 75 % der Geschäftsanteile übertragen worden. Das Finanzamt versagte zunächst in 1997, während dem Klageverfahren dann aber bereits im Jahr 1996 den Verlustabzug vom positiven Einkommen der GmbH.

 

Entscheidung

Der BFH bejaht zunächst die wegen widerstreitenderSteuerfeststellungen auf § 174 Abs. 4 AO gestützte Änderung des Finanzamts. Aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ist der Verlustabzug zunächst erst in 1997 versagt worden. Diese falsche Entscheidung wurde antragsgemäß aufgehoben. Damit konnte eine Änderung der Bescheide für 1996 erfolgen und dort grundsätzlich die Versagung des Verlustabzugs berücksichtigt werden.

Allerdings sieht der BFH noch ein anderes Problem. Entgegen der bisher übereinstimmenden Auffassung des Finanzamt und des FG zum Verlust der wirtschaftlichen Identität, wenn auch zunächst in unterschiedlichen Jahren, hält es der BFH für denkbar, dass der Verlustabzugweiterhin zu gewähren ist. Denn der Verlust der wirtschaftlichen Identität einer GmbH setzt auch voraus, dass zwischen der Übertragung der Gesellschaftsanteile und der Zuführung neuen Betriebsvermögens ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht. Das heißt, dass der Geschehensablauf nach Maßgabe eines Gesamtplans verknüpft sein muss. Der notwendige sachliche Zusammenhang lässt sich dabei regelmäßig bei Vorliegen eines zeitlichenZusammenhangs vermuten. Doch daran kann angesichts einer Übertragung der Anteile mehr als 1 Jahr bzw. 3 Jahre vor dem Branchenwechsel und der Zuführung neuen Betriebsvermögens gezweifelt werden. Es kommt vielmehr auf die Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls an. Dazu wird das FG im zweiten Rechtsgang noch entsprechende Feststellungen nachzuholen haben.

 

Hinweis

Bereits bisher konnte die Auffassung der Finanzverwaltung, die einen 5-Jahres-Zeitraum zu Grunde legt (BMF, Schreiben v. 16.4.1999, BStBl 1999 I S. 455 Tz. 12) als überholt betrachtet werden. Denn der BFH hatte mit seinem Beschluss v. 15.12.-2004, BStBl 2005 II S. 528 sehr deutliche Zweifel daran geäußert. In diesem AdV-Verfahren ging es um eine zeitliche Komponente von ca. 3,5 Jahren. Dass nun der BFH bereits bei nur 1 Jahr zeitlichem Abstand keine Schädlichkeit für möglich hält, kann durchaus als unerwartete, sensationelle Weiterentwicklung seiner Rechtsprechung bezeichnet werden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 14.3.2006, I R 8/05.

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