Räumungsklage des ­Miterben

Gehört eine Mietwohnung zum Nachlass, ist die Kündigung des Mietverhältnisses möglich, bei einer ungeteilten Erbengemeinschaft jedoch nur wirksam, wenn diese Maßnahme als ordnungsgemäße Nachlassverwaltung anzusehen ist. Das ist mitunter zweifelhaft – wie in diesem Fall:

Ein Miterbe nahm die Beklagten nach erfolgter Kündigung auf Räumung und Herausgabe einer von diesen innegehaltenen Mietwohnung sowie auf Zahlung an eine ungeteilte Erbengemeinschaft, deren Mitglied sowohl er selbst als auch die Beklagte zu 1) und eine weitere, nicht am Rechtsstreit beteiligte gemeinsame Schwester sind, in Anspruch und machte hilfsweise die Feststellung der Beendigung des von den Beklagten im Jahre 2007 begründeten Mietverhältnisses über die streitgegenständliche Wohnung geltend.

Kündigung unwirksam

Nachdem das Amtsgericht die auf Räumung und Herausgabe gerichtete Klage vollständig abgewiesen hatte, wurde dies in der Berufungsinstanz bestätigt. Auch nach Ansicht des LG Berlin sind die ausgesprochenen Kündigungen nicht als Maßnahmen ordnungsgemäßer Nachlassverwaltung zu erachten. Der – auch weiterhin ungeteilten – Erbengemeinschaft steht der geltend gemachte Räumungs- und Herausgabeanspruch gemäß den §§ 985, 546 Abs. 1 BGB nicht zu, da das mit den Beklagten im Jahre 2007 begründete Mietverhältnis über die streitgegenständliche 3-Zimmer-Wohnung ungekündigt fortbesteht. Die von dem Kläger ausgesprochenen Kündigungen sind sämtlich unwirksam.

Was ist ­ "ordnungs­gemäß"?

Zur Nachlassverwaltung gehören alle Maßregeln zur Verwahrung, Sicherung, Erhaltung und Vermehrung sowie zur Gewinnung der Nutzung und Bestreitung der laufenden Verbindlichkeiten. Die Ordnungsmäßigkeit einer Maßnahme ist aus objektiver Sicht zu beurteilen. Entscheidend ist der Standpunkt eines vernünftig und wirtschaftlich denkenden Beurteilers. Gemessen daran war der Ausspruch der Kündigungen weder vernünftig noch im wirtschaftlichen Interesse des Nachlasses:

Anschluss­vermietung ­ungewiss

Die vom Kläger und der – an diesem Rechtsstreit nicht beteiligten – gemeinsamen Schwester der Parteien geübte Nachlassverwaltung hat zu keinem Zeitpunkt berücksichtigt, dass die zur Beendigung des Mietverhältnisses getroffenen Maßnahmen nicht geeignet waren, eine für die Anwendung des § 2038 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BGB erforderliche hinreichend verlässliche und nachhaltige Sicherung oder gar Vermehrung des Nachlasses herbeizuführen. Denn für den Fall der Räumung und Herausgabe der ihrer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage allenfalls durchschnittlich attraktiven Mietsache ist nicht nur eine Anschlussvermietung zu einer höheren als der bislang entrichteten Miete vollkommen ungewiss. Es bestehen darüber hinaus sogar berechtigte Zweifel, ob es überhaupt möglich sein wird, die Mietsache umgehend und dauerhaft weiter zu vermieten, da das streitgegenständliche Grundstück Gegenstand einer zwischen den Parteien seit Jahren streitig geführten Erbauseinandersetzung ist. Dass ein Dritter in Kenntnis dieser Gesamtumstände die von den Beklagten innegehaltenen Räume dauerhaft anmieten würde – und noch dazu in einer den bisherigen Mietzins übersteigenden Höhe –, war und ist nach allgemeiner Lebenserfahrung unwahrscheinlich.

(LG Berlin, Urteil v. 11.10.2016, 67 S 190/16)

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