BGH klärt Verhältnis Zwangsverwaltung – Insolvenzrecht

Nach § 149 Abs. 1 ZVG sind dem Schuldner, wenn er zur Zeit der Beschlagnahme im Rahmen der Zwangsverwaltung auf dem Grundstück wohnt, die für seinen Hausstand unentbehrlichen Räume zu belassen. Ob dies auch gegenüber dem Zwangsverwalter zur Anwendung gelangt, wenn gegen die Eigentümer das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, war bislang umstritten. Nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Schuldnerposition gestärkt, und zwar in folgendem Fall:

Der Kläger ist Zwangsverwalter einer Eigentumswohnung, die je zur ideellen Hälfte den beklagten Eheleuten gehört und von ihnen gemeinsam bewohnt wird. Über die Vermögen beider Beklagten war bereits zuvor das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Die Treuhänder der Beklagten haben die Eigentumswohnung nicht als Massebestandteil in Besitz genommen und mit dem Kläger keinen Mietvertrag über die Nutzung der zwangsverwalteten Wohnung abgeschlossen. Der Kläger begehrt nunmehr Räumung und Herausgabe der Wohnung.

Sozialer Schutz für Schuldner

Nach Auffassung des BGH ist die auf § 150 Abs. 2 ZVG gestützte Klage des Zwangsverwalters auf Besitzverschaffung abzuweisen, weil die Beklagten die zwangsverwaltete Eigentumswohnung weiter bewohnen dürfen. § 149 Abs. 1 ZVG begründe ein entsprechendes gesetzliches Wohnrecht für den Verfahrensschuldner gegenüber dem Zwangsverwalter. Es handele sich um einen Fall der Unterhaltsgewährung aus Billigkeitsgründen. Die Vorschrift greife auch dann ein, wenn die Zwangsverwaltung des Wohneigentums mit einem Insolvenzverfahren gegen die Eigentümer zusammentrifft, so etwa, wenn – wie hier – die Zwangsverwaltung auf Antrag der Gläubigerin einer vollstreckbaren Grundschuld erst nach Eröffnung des (vereinfachten) Insolvenzverfahrens gegen beide Miteigentümer angeordnet worden ist. Rechtlich stünden das Wohnrecht des Schuldners gegenüber dem Zwangsverwalter nach § 149 Abs. 1 ZVG und das Recht des Insolvenzschuldners auf pflichtmäßige Ermessensausübung gegenüber Gläubigerversammlung oder Insolvenzverwalter nach § 100 InsO, ihm den Gebrauch der eigenen Wohnung weiter zu gestatten, nebeneinander. Die Zwangsverwaltung werde deshalb rechtlich nicht beeinträchtigt, wenn der Insolvenzverwalter und die Gläubigerversammlung davon absehen, den Wohnbesitz der Insolvenzschuldner durch eine anders lautende Unterhaltsentscheidung zur Masse zu ziehen.

Vorrang des Insolvenzrechts

Es sei auch nicht Aufgabe des Vollstreckungsgerichts, den Zwangsverwalter nach § 153 Abs. 1 ZVG zur Räumung anzuweisen, wenn dem das zwangsverwaltete Wohnungseigentum persönlich zu Wohnzwecken nutzenden Insolvenzschuldner nach § 100 InsO diese Weiternutzung im gleichzeitig laufenden Insolvenzverfahren nicht gestattet worden ist. Die Durchsetzung der insolvenzrechtlichen Unterhaltsentscheidung obliege vielmehr allein dem Insolvenzverwalter auf der Grundlage von § 148 Abs. 1 InsO. Erst dann könne der Zwangsverwalter vom Insolvenzverwalter als Verfahrensschuldner die Einräumung des Besitzes an dem zwangsverwalteten und insolvenzbefangenen Wohneigentum nach § 150 Abs. 2 ZVG verlangen.

Hinweis: Der soziale Schutz des § 149 Abs. 1 ZVG tritt erst nach der Zwangsversteigerung gegenüber den Insolvenzgläubigern zurück: Erwartet der Insolvenzverwalter aus dem selbst genutzten Wohneigentum des Schuldners einen Verwertungsüberschuss für die Masse, kann er jederzeit nach § 165 InsO die Zwangsversteigerung des Anwesens betreiben. Die Zwangsverwaltung muss dann nach Zuschlag an den Ersteher aufgehoben werden.

(BGH, Urteil v. 25.4.2013, IX ZR 30/11, NZM 2013 S. 467, dazu Bub/von der Osten, FD-MietR 2013, 346681)

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