Leitsatz

Die Zustellung eines Verwaltungsakts an den Betroffenen persönlich führt in der Regel auch dann zur Wirksamkeit der Bekanntgabe und zum Lauf der durch diese ausgelösten Rechtsbehelfsfrist, wenn für das Verwaltungsverfahren ein Bevollmächtigter bestellt, eine schriftliche Vollmacht für diesen jedoch nicht vorgelegt worden ist.

 

Sachverhalt

Das Finanzamt stellte dem Haftungsschuldner einen Haftungsbescheid persönlich zu, obwohl für diesen im Anhörungsverfahren ein Bevollmächtigter aufgetreten war. Der Einspruch dagegen wurde verspätet eingelegt und deshalb als unzulässig verworfen. Die Klage hatte Erfolg, weil das FG die Zustellung für unwirksam hielt.

 

Entscheidung

Der BFH hat das Urteil des FG aufgehoben. Die Zustellung sei wirksam gewesen. Das Finanzamt sei nicht nach § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 VwZG verpflichtet gewesen, den Haftungsbescheid dem Klägervertreter zuzustellen; denn eine schriftliche Vollmacht für diesen habe nicht vorgelegen. Der BFH hat die Sache jedoch an das FG zurückverwiesen, damit die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist geprüft werde.

 

Praxishinweis

Die Entscheidung des BFH schließt an die Rechtsprechung des BVerwG an, das für das allgemeine Verwaltungsverfahren schon vor längerer Zeit eine Zustellung an den Betroffenen bei fehlender schriftlicher Vollmacht für wirksam erklärt hat[1]. Dem war der BFH in einer mit der vorliegenden nahezu identischen Sache zunächst nicht gefolgt, sondern hatte die Frage offen gelassen[2]; diese Entscheidung ist jetzt insofern überholt.

Die Bekanntgabe an den Betroffenen lässt einen Verwaltungsakt nach diesem neuen Urteil des BFH in jedem Fall wirksam werden. Eine Zustellung an den Betroffenen ist hingegen unwirksam, wenn eine schriftliche Vollmacht für den Bevollmächtigten vorgelegt worden ist. Denn Zustellungen können zwar an einen Vertreter gerichtet werden[3]; sie sind aber an diesen zu richten, wenn er eine schriftliche Vollmacht vorgelegt hat[4].

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 3.2.2004, VII R 30/02

[1] Vgl. BVerwG-Urteil vom 30.10.1997, 3 C 35/96, BVerwGE 105, S. 288

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