Leitsatz
Wer nicht verpflichtet ist Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen, hat ein Wahlrecht, anstatt einer Einnahmen-Überschussrechnung den Gewinn freiwillig durch Bestandsvergleich zu ermitteln. Dieses Wahlrecht ist aber erst dann wirksam ausgeübt, wenn zeitnah eine Eröffnungsbilanz aufgestellt, eine ordnungsmäßige kaufmännische Buchführung eingerichtet und aufgrund von Bestandsaufnahmen ein Abschluss gemacht wird.
Sachverhalt
Eine GbR betreibt ein Architekturbüro. Bisher ermittelte die GbR ihren Gewinn durch eine Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG. Erstmals für 1994 wurde im Juni 1996 eine Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG dem Finanzamt eingereicht. Die Eröffnungsbilanz zum 1.1.1994 wurde erst im September 1996 nach Anforderung eingereicht. Das Finanzamt ging von einem nicht wirksamen Übergang zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG aus, da mangels debitorischer und kreditorischer Buchführung die Bilanz unvollständig war. Auch ist die Eröffnungsbilanz erst nachträglich erstellt worden. Deshalb habe die GbR die Ausübung des Wahlrechts nicht zeitnah dokumentiert; ein nachträglicher Wechsel zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG sei nicht möglich.
Das FG und auch der BFH teilen diese Feststellungen. Das Wahlrecht, den Gewinn freiwillig durch Bestandsvergleich zu ermitteln, kann nichtdurch eine nachträglich erstellte Buchführung ausgeübt werden. Das Wahlrecht ist erst dann wirksam ausgeübt, wenn eine Eröffnungsbilanz aufgestellt, eine ordnungsmäßige kaufmännische Buchführung eingerichtet und aufgrund von Bestandsaufnahmen ein Abschluss gemacht ist.
Bei einem Wechsel der Gewinnermittlungsart kommt der Erstellung einer Eröffnungsbilanz besondere Bedeutung zu. Die in ihr enthaltenen Bilanzposten müssen zeitnah aufgenommen und erfasst werden. Werden hingegen die Werte einer Anfangsbilanz nicht zeitgerecht zum Bilanzeröffnungsstichtag ermittelt, kann für dieses Jahr nicht mehr von der Überschussrechnung zum Bestandsvergleich übergegangen werden.
Hinweis
Die GbR hatte u.a. argumentiert, dass für die Ausübung des Wahlrechts zugunsten eines Betriebsvermögensvergleich nicht zwingend eine Eröffnungsbilanz aufgestellt werden muss. Die Aufzeichnungspflichten und die heutigen Buchungssysteme hätten sich technisch weit gehend angeglichen, sodass ein Wahlrecht auch noch nach Ablauf des Wirtschaftsjahrs ausgeübt werden könne. Dem ist der BFH eindeutig entgegen getreten und hat betont, dass an der bisherigenRechtsprechung aus den oben dargestellten Gründen festgehalten wird.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 19.10.2005, XI R 4/04.