Leitsatz (amtlich)

Nutzt der Steuerpflichtige vor Ablauf des Abzugszeitraums statt des Folgeobjekts wieder das Erstobjekt zu eigenen Wohnzwecken, lebt die Berechtigung zur Inanspruchnahme der Grundförderung nach § 10e Abs. 1 EStG für das Erstobjekt wieder auf.

 

Sachverhalt

Die Kläger (zusammen veranlagte Eheleute) nahmen von 1973 bis 1980 erhöhte Absetzungen nach § 7b EStG in Anspruch. Im ESt-Bescheid 1989 gewährte das Finanzamt für eine Wohnung, welche die Kläger ab Dezember 1989 zu eigenen Wohnzwecken nutzten, die Grundförderung nach § 10e Abs. 1 EStG. Im Mai 1990 schafften die Kläger ein Wohnhaus an, das sie ab September 1990 bewohnten. Sie behandelten das Gebäude als Folgeobjekt und beanspruchten von 1990 bis 1992 die Abzugsbeträge nach § 10e Abs. 1 EStG. Im Streitjahr 1993 zogen die Kläger wieder in die - zwischendurch vermietete - Wohnung ein. Das Finanzamt lehnte für 1993 die beantragte Grundförderung nach § 10e Abs. 1 EStG für die eigengenutzte Wohnung ab. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt[1]. Die Revision des Finanzamts blieb erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Nutzt der Steuerpflichtige die begünstigte Wohnung nicht bis zum Ablauf des Abzugszeitraums zu eigenen Wohnzwecken und steht ihm deshalb die Förderung nach § 10e Abs. 1 EStG nicht mehr zu, kann er die Abzugsbeträge bei einer weiteren Wohnung (Folgeobjekt) in Anspruch nehmen, wenn er das Folgeobjekt innerhalb eines bestimmten Zeitraums anschafft oder herstellt[2]. Der Abzugszeitraum für das Folgeobjekt ist um die Anzahl der Veranlagungszeiträume zu kürzen, in denen der Steuerpflichtige die Abzugsbeträge für das Erstobjekt hätte abziehen können[3]. Nutzt der Steuerpflichtige auch das Folgeobjekt nicht bis zum Ablauf des Abzugszeitraums zu eigenen Wohnzwecken, ist nach h.M. eine Übertragung auf ein drittes Objekt nicht möglich[4].

Nicht einheitlich wird dagegen der Sachverhalt beurteilt, dass der Steuerpflichtige vor Ablauf des Abzugszeitraums statt des Folgeobjekts wieder das Erstobjekt zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Drenseck[5] ist der Ansicht, die Begünstigung des Erstobjekts lebe wieder auf, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf des Abzugszeitraums die Eigennutzung des Folgeobjekts aufgebe und statt dessen wieder in das Erstobjekt einziehe[6]. Der Senat schließt sich der Auffassung von Drenseck an. Anders als beim früheren § 7b EStG hängt bei § 10e EStG die Übertragung nicht ausgenutzter Jahre des Abzugszeitraums auf ein Folgeobjekt nicht davon ab, dass dem Steuerpflichtigen das Erstobjekt nicht mehr zuzurechnen ist. Es reicht aus, dass ihm die Grundförderung deshalb nicht mehr zusteht, weil er das Erstobjekt nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken nutzt, sondern - wie im Streitfall - vermietet. Bewohnt er in einem späteren Jahr des Abzugszeitraums das Erstobjekt doch wieder selbst, handelt es sich mangels Anschaffung oder Herstellung nicht um ein drittes Objekt. Eine Fortführung der Grundförderung für das Erstobjekt könnte nur dann ausgeschlossen sein, wenn mit Inanspruchnahme der Folgeobjektregelung die Berechtigung für die Grundförderung des Erstobjekts endgültig erlöschen würde. Eine solche Auslegung der Folgeobjektregelung in § 10e Abs. 4 EStG ist zwar möglich, aber nicht zwingend. Vor allem aber trägt sie dem mit der Folgeobjektregelung verfolgten Zweck, die volle Ausnutzung des Abzugszeitraums zu ermöglichen, nicht Rechnung.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 29.11.2000 – X R 15/98

[4] Vgl. z.B. BMF-Schreiben vom 31.12.1994, IV B 3 - S 2225a - 294/94, BStBl I 1994, S. 887 Rz. 81; Drenseck, in: Schmidt, Einkommensteuergesetz, 19. Aufl., München 2000, § 10e Rz. 72
[5] Vgl. ebenda, Rz. 71
[6] A.A. BMF-Schreiben vom 31.12.1994, a.a.O. (Fn. 4), Rz. 81; Erhard, in: Blümich, Einkommensteuergesetz, § 10e EStG Rz. 465

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