Leitsatz

  1. Hat ein Gesellschafter, dessen Besteuerungsgrundlagen mangels Abgabe einer Feststellungserklärung zu schätzen sind, Verluste im Bereich seines Sonderbetriebsvermögens erlitten, kann sein Anteil am Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft nur dann mit 0 DM festgestellt werden, wenn ausreichend Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Sonderbetriebseinnahmen oder sein Anteil am Gesellschaftsgewinn diesen Verlust auszugleichen vermögen.
  2. Der Ausgleichsanspruch gegen die KG, der einem Kommanditisten zusteht, weil er Schulden der KG beglichen hat, gehört zu dessen Sonderbetriebsvermögen. Wird der Anspruch wertlos, wird der hieraus resultierende Verlust erst dann realisiert, wenn die Mitunternehmerschaft – beispielsweise durch Veräußerung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen – beendet wird.
 

Sachverhalt

Ein Arzt gründete zusammen mit M eine GmbH, an der beide zu je 50 % beteiligt waren. Die GmbH wurde Komplementärin einer GmbH & Co. KG, an der der Arzt zusammen mit anderen Personen, u.a. seiner geschiedenen Ehefrau, als Kommanditist beteiligt war. Im April 1994 wurde über die Vermögen der GmbH und der KG der Konkurs eröffnet. Da für die KG keine Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung 1994 (Streitjahr) abgegeben wurde, schätzte das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen unter Vorbehalt der Nachprüfung auf 0 DM. Dabei löste das Finanzamt die negativen Kapitalkonten der Kommanditisten auf und verrechnete sie mit gleich hohen verrechenbaren Verlusten i.S. des § 15a EStG. Nach Ablehnung seines Antrags nach § 164 Abs. 2 AO, Sonderbetriebsausgaben von 249 496 DM anzuerkennen, beantragte der Arzt im Einspruchsverfahren, insbesondere durch Inanspruchnahme aus Bürgschaften für Darlehen der Gesellschaften sowie durch Zinsaufwendungen entstandene Sonderbetriebsausgaben bei ihm und seiner Ehefrau zu berücksichtigen. Das Finanzamt erkannte nur die Zinsaufwendungen als Sonderbetriebsausgaben an und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Die Klage hatte keinen Erfolg. Dagegen richtet sich die Revision.

 

Entscheidung

Zu den Besteuerungsgrundlagen, die in einem Gewinnfeststellungsbescheid – auch bei einer Schätzung – selbständig festzustellen sind, gehören insbesondere Gewinne und Verluste im Bereich des Sonderbetriebsvermögens eines Gesellschafters[1]. Danach sind auch Verluste einzubeziehen, die einem Gesellschafter dadurch erwachsen, dass seine Forderungen gegen die Gesellschaft – wie im Streitfall von dem Arzt geltend gemacht – wertlos werden[2].

 

Praxishinweis

Zahlt ein Kommanditist Schulden der KG, so steht ihm gegen die KG ein Ausgleichsanspruch nach den §§ 110, 161 Abs. 2 HGB zu. Er gehört zum Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten, das in der Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft als Eigenkapital behandelt wird[3]. Trotz Wertlosigkeit folgt aus der Behandlung als Eigenkapital, dass eine Wertberichtigung während des Bestehens der Gesellschaft regelmäßig nicht in Betracht kommt. Vielmehr wird der Verlust im Sonderbetriebsvermögen – ebenso wie der Verlust der Einlage in das Gesellschaftsvermögen – grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Beendigung der Mitunternehmerstellung, also beim Ausscheiden des Gesellschafters oder bei Beendigung der Gesellschaft realisiert[4]. Dagegen können Verluste aus dem Wertloswerden einer gegen die KG bestehenden Ausgleichsforderung eines Kommanditisten nicht bereits dann geltend gemacht werden, wenn das negative Kapitalkonto aufgelöst wird, weil wegen Einstellung der werbenden Tätigkeit weitere Gewinne, mit denen das negative Kapitalkonto ausgeglichen werden könnte, nicht mehr zu erwarten sind. Denn die vorzeitige Auflösung des negativen Kapitalkontos hat nicht die Beendigung der Mitunternehmerstellung zur Folge. Daher sind jederzeit Veränderungen im Hinblick auf zu erwartende Inanspruchnahmen für Gesellschaftsschulden und eventuelle Rückgriffsforderungen möglich[5]. Die Insolvenzeröffnung über das Vermögen der KG führt nicht schon zur Betriebsaufgabe, so dass die Anerkennung eines Verlusts aus dem Wertloswerden von Ausgleichsforderungen eines Gesellschafters gegen die Gesellschaft nicht davon abhängig zu machen ist, dass das Insolvenzverfahren der Gesellschaft beendet worden ist[6]. Zur Betriebsaufgabe kommt es nur, wenn der Insolvenzverwalter alle wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert[7].

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 05.06.2003, IV R 36/02

[4] Vgl. BFH-Urteil vom 19.1.1993, a.a.O. (Fn. 2)
[6] Vgl. BFH-Urteil vom 19.1.1993, a.a.O. (Fn. 2)
[7] Vgl. ebenda

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