Leitsatz

Auch wenn ein Darlehen aus im Gesellschaftsverhältnis liegenden Gründen gewährt worden war, kann der spätere Verzicht darauf durch das zugleich bestehende Arbeitsverhältnis veranlasst sein und dann insoweit zu Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit führen, als die Darlehensforderung noch werthaltig ist.

 

Sachverhalt

K war Geschäftsführer und zu 5 % beteiligter Gesellschafter der X-GmbH. Die X-GmbH ließ sich von den Gesellschaftern im Jahr 2000 für einen Börsengang Darlehen gewähren. Nachdem dieser gescheitert war und die X-GmbH Kapital benötigte, forderten die Großgesellschafter wegen drohender Insolvenz und Arbeitsplatzverluste von den Kleingesellschaftern die Übertragung ihrer Anteile und den Verzicht auf ihre Darlehen. Den Verlust aus dem Verzicht auf das Darlehen über 160.000 DM berücksichtigten Finanzamt und FG nicht, da er durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei. Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache zurück.

 

Entscheidung

Werbungskosten sind Aufwendungen, die eine Tätigkeit im weitesten Sinn fördern; dazu können auch Vermögensverluste zählen. Ob Werbungskosten bei den Lohn- oder Kapitaleinkünften zu berücksichtigen sind, entscheidet die Tatsacheninstanz nach dem engeren und wirtschaftlich vorrangigen Veranlassungszusammenhang.

Während Kapitalverluste – jedenfalls vor Inkrafttreten der Abgeltungsteuer – bei § 20 EStG grundsätzlich nicht abziehbar sind, kann ein Darlehensverlust bei § 19 EStG zu berücksichtigen sein, wenn das Risiko aus beruflichen Gründen in Kauf genommen wurde. Solche beruflichen Gründe sind z.B. anzunehmen, wenn eine Bank kein Darlehen mehr gewährt hätte. Dann dient das Kapital offensichtlich nicht der Erzielung von Zinsen. Hier kam aber zudem eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung des Darlehens infolge der Beteiligung des K in Betracht. Zur diesbezüglichen Abgrenzung sind die Beteiligungshöhe, das Verhältnis der Lohn- zu den Beteiligungseinkünften sowie mögliche Konsequenzen für den Arbeitnehmer im Fall der Verweigerung des Verzichts zu berücksichtigen.

 

Kommentar

Praxishinweis

Revisionsrechtlich hatte der BFH keine durchgreifenden Bedenken gegen die Würdigung des FG, die Darlehensgewährung sei gesellschaftsrechtlich veranlasst, auch wenn er insoweit Skepsis erkennen lässt. Das FG muss jedoch noch den von K mit dem Darlehensverzicht verfolgten Zweck prüfen.

Ein Verzicht ist eine eigenständige Finanzierungsmaßnahme und naturgemäß das Gegenteil eines Darlehens. Einiges spricht dafür, dass der Verzicht der Arbeitsplatzsicherung diente, zumal K gleichzeitig seine Beteiligung aufgegeben und als Geschäftsführer Einkünfte von jährlich 250.000 DM zu sichern hatte. Falls das FG zu einer dementsprechenden Würdigung kommt, kann jedoch nur der Wert des Darlehens im Zeitpunkt des Verzichts zu Werbungskosten führen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, 25.11.2010, VI R 34/08.

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