Leitsätze (amtlich)

  1. 1. Steht Ehegatten für ein gemeinsames Einfamilienhaus die Grundförderung nach § 10e Abs. 1 EStG zu und entfallen während des Abzugszeitraums die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG, kann der Ehegatte, der den Miteigentumsanteil des anderen Ehegatten hinzuerwirbt, erst ab dem Jahr des Eigentumserwerbs die auf den hinzu erworbenen Miteigentumsanteil entfallende Grundförderung beanspruchen.
  2. 2. Soll im Rahmen der Scheidungsvereinbarung ein Miteigentumsanteil auf den anderen Ehegatten übertragen werden, erlangt der erwerbende Ehegatte regelmäßig erst dann zur Inanspruchnahme der Grundförderung berechtigendes wirtschaftliches Eigentum an dem Anteil, wenn der auf Übertragung des Eigentums gerichtete notarielle Vertrag abgeschlossen ist und ihm darin (Eigen-)Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten übertragen worden sind.
 

Sachverhalt

Der Kläger und seine Ehefrau waren Miteigentümer eines Reihenhauses sowie eines weiteren Grundstücks, auf dem der Kläger 1991 ein Einfamilienhaus errichtete, das er ab 14.12.1991 zu eigenen Wohnzwecken nutzte. Vom 15.12.1991 an lebten die Eheleute getrennt. Durch notariellen Vertrag vom 16.4.1993 übertrug der Kläger zur Vermögensauseinandersetzung anlässlich der bevorstehenden Scheidung seinen Miteigentumsanteil an dem Reihenhaus auf die Ehefrau und diese ihren Miteigentumsanteil an dem Einfamilienhaus auf den Kläger. Die Vertragsgegenstände galten mit Datum des Vertragsschlusses als übergeben. Bei der Zusammenveranlagung der Eheleute für 1991 gewährte das Finanzamt antragsgemäß einen Abzug nach § 10e Abs. 1 EStG für das vom Kläger errichtete Einfamilienhaus. In seiner ESt-Erklärung für das Streitjahr 1992 machte der Kläger die Grundförderung nach § 10e Abs. 1 EStG für das noch im Miteigentum der Eheleute stehende Einfamilienhaus ebenfalls in voller Höhe geltend. Das Finanzamt gewährte bei der Einzelveranlagung des Klägers die beantragte Grundförderung entsprechend seinem Miteigentumsanteil nur zur Hälfte. Klage[1] und Revision blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Zu Recht hat das FG dem Kläger die Wohneigentumsförderung nur anteilig entsprechend seinem Miteigentumsanteil gewährt. Anspruch auf Abzugsbeträge nach § 10e Abs. 1 oder 2 EStG hat nur der Eigentümer einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung. Ist der Steuerpflichtige nur Miteigentümer, stehen ihm die Abzugsbeträge - auch wenn er die Wohnung allein nutzt - nur entsprechend seinem Miteigentumsanteil zu[2]. Im Streitjahr 1992 war der Kläger zur Hälfte Miteigentümer des eigengenutzten Einfamilienhauses. Da er während des gesamten Kalenderjahrs von seiner Ehefrau getrennt gelebt hatte und deshalb eine Einzelveranlagung durchzuführen war, konnte für die Grundförderung nach § 10e Abs. 1 EStG der Miteigentumsanteil seiner Ehefrau nicht berücksichtigt werden.

Eine Abzugsberechtigung ergibt sich - entgegen der Ansicht des Klägers - auch nicht aus § 10e Abs. 5 Satz 3 EStG. Nach § 10e Abs. 5 Satz 1 EStG steht der Anteil an einer Wohnung grundsätzlich einer Wohnung gleich. Nur wenn die Miteigentümer Ehegatten sind und bei ihnen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG vorliegen, gelten die Miteigentumsanteile als ein Objekt[3]. Entfallen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG, gelten die Miteigentumsanteile der Ehegatten wieder als selbständige Objekte[4]. Erwirbt ein Ehegatte während des Abzugszeitraums von dem anderen Ehegatten nach Wegfall der Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG dessen Miteigentumsanteil hinzu, könnte er die darauf entfallende Grundförderung nicht fortführen, weil es sich um den Erwerb eines selbständigen Anteils handelte. Aufgrund der Regelung in § 10e Abs. 5 Satz 3 EStG kann der erwerbende Ehegatte jedoch die Abzugsbeträge - auch soweit sie auf den erworbenen Anteil entfallen - weiter in der bisherigen Höhe abziehen. Da die Grundförderung aber nur in Anspruch genommen werden kann, soweit der Steuerpflichtige Eigentümer des eigengenutzten Objekts ist, gilt die Berechtigung für die Fortführung der Grundförderung, soweit sie auf den Anteil des getrennt lebenden Ehegatten entfällt, erst ab dem Kalenderjahr, in dem der Anteil auf den Steuerpflichtigen übertragen wird.

Der Kläger war im Streitjahr auch nicht wirtschaftlicher Eigentümer des der Ehefrau zustehenden Mitunternehmeranteils. Soll das rechtliche Eigentum an einem Grundstück oder Grundstücksanteil auf einen anderen übergehen, wird der Erwerber i.d.R. zu dem Zeitpunkt wirtschaftlicher Eigentümer, zu dem ihm aufgrund der notariellen Vereinbarung Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten übertragen werden[5]. Die notarielle Auseinandersetzungsvereinbarung, nach der (Eigen-)Besitz und Lasten mit Vertragsschluss auf den Kläger übergingen, wurde aber erst am 16.4.1993 geschlossen. Nach den zutreffenden Ausführungen des FG reicht das bereits für das Streitjahr 1992 behauptete Einverständnis zwischen den Eheleuten, dass dem Kläger das Grundstück in vollem Umfang zuzurechnen sei, für die Annahme wirtschaftlichen Eigentums nicht aus.

Die Tatsache, dass de...

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