Die Anfechtung des Mietvertrags kommt in erster Linie dann in Betracht, wenn der Mieter den Vermieter bei Abschluss des Mietvertrags arglistig getäuscht hat. Eine arglistige Täuschung ist insbesondere dann gegeben,

  • wenn der Mieter auf eine zulässige Frage im Rahmen der Mieterselbstauskunft gelogen hat oder
  • wenn der Mieter den Vermieter nicht von sich aus über wesentliche Umstände, die für den Vermieter ausschlaggebend für den Vertragsschluss sind, ungefragt hingewiesen hat.

Betroffen hiervon sind in erster Linie das über das Vermögen des Mieters eröffnete Insolvenzverfahren und die Tatsache, dass er aufgrund seiner Einkommenssituation nicht in der Lage ist, die Miete zu zahlen (siehe vertiefend Kap. 2.1.2.3). Zu beachten ist allerdings, dass widersprüchliche und missverständliche Angaben eines potenziellen Mieters in einer Selbstauskunft, die dazu dienen, die Bewerbung in einem günstigen Licht erscheinen zu lassen, dann nicht die Voraussetzungen für eine Arglistanfechtung erfüllen, wenn die Angaben nicht falsch sind.[1]

Erklärt der Vermieter die Anfechtung, führt diese zur Nichtigkeit des Vertrags von Anfang an (§ 142 Abs. 1 BGB). Das ist unbestritten für den Fall, dass dem Mieter das Mietobjekt noch nicht überlassen wurde.

Die Anfechtung eines Mietvertrags über Geschäftsräume wegen arglistiger Täuschung ist auch nach Überlassung der Mieträume und Beendigung des Mietvertrags neben der Kündigung zulässig. Sie wirkt gemäß § 142 Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zurück.[2] Für die Wohnraummiete gilt nichts anderes.[3] Der in Höhe der ortsüblichen Miete bestehende Anspruch auf Wertersatz gemäß § 818 Abs. 2 BGB unterliegt bei nichtigem Mietvertrag im Bereich der Geschäftsraummiete wie ein Mietzinsanspruch der Umsatzsteuer.[4]

Grundsätzlich hat der Vermieter neben dem Recht zur Anfechtung in den geschilderten Fällen auch das Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung. Welcher Weg der günstigere ist, wird der Vermieter – am besten nach Rücksprache mit seinem Anwalt – im konkreten Einzelfall zu prüfen haben.

Exkurs: Irrtum des Vermieters

Zur Anfechtung berechtigen nicht nur Lügen des Mieters auf zulässige Fragen des Vermieters oder das Verschweigen zu offenbarender Umstände. Zur Anfechtung berechtigt auch ein Irrtum des Vermieters. Konkret kann der Vermieter also den Mietvertrag auch dann anfechten, wenn er bei der Abgabe seiner Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war (§ 119 BGB). Hat der Vermieter den Mietvertrag vor Unterzeichnung nicht durchgelesen, berechtigt ihn dies allerdings ebenso wenig zur Anfechtung des Mietervertrags, wie wenn er die Miete zu niedrig kalkuliert oder im Vertrag schlicht eine Vereinbarung über die Betriebskosten oder die Leistung einer Mietsicherheit durch den Mieter vergessen hat.

Fälle des Irrtums sind in der mietrechtlichen Praxis eher selten. Eine Anfechtung wegen Irrtums würde dann infrage kommen, wenn der Vermieter davon ausgegangen war, dass sein Mieter solvent ist und die Miete wird zahlen können. Erweist sich dann das Gegenteil, hat sich der Vermieter geirrt und kann anfechten. In aller Regel aber berechtigt ein derartiger Sachverhalt ohnehin zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Selbst wenn nämlich der Vermieter seinen potenziellen Mieter nicht ausdrücklich danach gefragt hatte, ob dieser denn die Miete wird zahlen können, wäre der Mieter von sich aus verpflichtet, auf diesen Umstand hinzuweisen.

 
Achtung

Bei der Irrtumsanfechtung nach § 119 BGB scheiden sich die Geister, ob eine derartige noch nach Überlassung des Mietobjekts an den Mieter möglich ist oder ob nicht die Voraussetzungen einer Kündigung vorliegen müssen. Angesichts der Tatsache, dass Irrtumsanfechtungen keine wesentliche Rolle spielen, sollte im Fall der Fälle der sicherste Weg beschritten und das Mietverhältnis gekündigt werden.

Wenn der Vermieter seinen Irrtum auf die mangelnde Solvenz des Mieters stützt, wird sich diese ja auch in Mietrückständen manifestieren. Da die Voraussetzungen an eine außerordentliche fristlose Kündigung wegen Mietrückständen nicht unüberwindbar sind, ist der Vermieter auch durch die Kündigung ausreichend geschützt. Räumungs- bzw. Herausgabeklage muss der Vermieter ohnehin erheben, da das Mietobjekt ja bereits dem Mieter übergeben wurde. Sind die Mieträume dem Mieter noch nicht übergeben worden, stellt sich die Problematik ohnehin nicht, da der Vermieter vor Überlassung auch die Irrtumsanfechtung erklären kann.

[1] LG Freiburg v. 12.10.2018, 3 S 98/18, juris.
[3] LG Freiburg v. 12.12.2018, 3 S 98/18, juris; LG Berlin v. 27.3.2018, 63 S 163/17, GE 2018, 1002.

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