Leitsätze (amtlich)

  1. Eine Waisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung sind auch dann bei den Einkünften und Bezügen des Kindes zu erfassen, wenn sie an die Stelle von Unterhaltsleistungen eines Elternteils getreten sind.
  2. Zu den besonderen Ausbildungskosten gehören Aufwendungen des Kindes für Fahrten zwischen Wohnung und Ausbildungsstätte und für Bücher, die bei der Ausbildung benötigt werden, regelmäßig jedoch nicht Aufwendungen für die auswärtige Unterbringung und ebenfalls nicht Aufwendungen für die Kranken- und Pflegeversicherung des Kindes.
 

Sachverhalt

Die 1973 geborene Tochter (T) der Klägerin wurde im Streitjahr 1997 für einen Beruf ausgebildet und bezog nach ihrem 1975 verstorbenen Vater eine monatliche Waisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung von 172,20 DM einschließlich Beitragsanteilen zur Krankenversicherung von 11,53 DM und zur Pflegeversicherung von 1,46 DM, sowie eine monatliche Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung von 893,60 DM. Mit Bescheid vom 25.3.1997 lehnte die Familienkasse (Beklagter) den Antrag der Klägerin, für T ab Januar 1997 weiterhin Kindergeld zu gewähren, mit der Begründung ab, deren Einkünfte und Bezüge hätten den Jahresgrenzbetrag von 12000 DM[1] überschritten. Dem lag zuletzt folgende Berechnung zugrunde: Die Rente aus der Unfallversicherung (zusammen 10698,60 DM) zuzüglich der Waisenrente (zusammen 2056,62 DM) ergebe 12755 DM und abzüglich einer Unkostenpauschale von 360 DM den Betrag von 12395 DM, der den maßgebenden Grenzbetrag übersteige. Die dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos. Auf die Revision der Klägerin hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidungsgründe

Wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, wurde die T im Jahr 1997 für einen Beruf ausgebildet, so dass insofern die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld ab Januar 1997 vorlagen[2].

Aufgrund der Feststellungen des FG kann nicht abschließend entschieden werden, ob der Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG überschritten ist. Das FG hat zutreffend ausgeführt, dass Leistungen sowohl aus der Unfallversicherung als auch aus der Rentenversicherung mit dem Ertragsanteil abzüglich des Werbungskosten-Pauschbetrages[3] als Einkünfte und mit dem Kapitalanteil abzüglich der Unkostenpauschale als Bezüge zu erfassen sind. Dem steht nicht entgegen, dass beide insofern Unterhaltsersatzfunktion haben, als sie an die Stelle der sonst vom Vater der T erbrachten Unterhaltsleistungen getreten sind. Da Kindergeld typischerweise dafür gewährt wird, dass Eltern eigene Unterhaltsleistungen erbringen, bleiben im Rahmen des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG auch nur solche Unterhaltsleistungen[4] außer Ansatz, während Leistungen Dritter - wie die angeführten Versicherungsleistungen - grundsätzlich zu erfassen sind[5]. Der Senat kann offen lassen, wie Aufwendungen für einen krankheitsbedingten Mehrbedarf zu behandeln sind, weil die Unfallrente nicht für einen solchen gewährt worden ist. Das FG hat nun die tatsächlich 1997 zugeflossenen Versicherungsleistungen zu ermitteln, wobei darauf zu achten ist, dass in der Rente bereits enthaltene Beiträge zu Versicherungen des Kindes nicht, wie geschehen, nochmals hinzugerechnet werden. Eigene Versicherungsleistungen des Kindes, die bei dessen ESt-Veranlagung als Sonderausgaben in Betracht kommen, sind bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge des Kindes nicht zu kürzen. Vielmehr sind sie im Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG bereits berücksichtigt[6].

Die nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ermittelten Einkünfte und Bezüge des Kindes sind gemäß § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG um ausbildungsbedingten Mehraufwand zu kürzen[7]. Es handelt sich dabei um solche nachgewiesenen Aufwendungen, die wegen der Ausbildung zu den Kosten der Lebensführung hinzu kommen. Hierzu können auch Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Ausbildungsstätte sowie für bei der Ausbildung benötigte Bücher gehören. Aufwendungen für die auswärtige Unterbringung zählen dagegen regelmäßig zu den Kosten der Lebensführung.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 14.11.2000 – VI R 52/98

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