Leitsatz (amtlich)

Schüttet eine ausländische Kapitalgesellschaft Dividenden aus, die nach Maßgabe eines DBA (hier: DBA-Indien 1959/1984) steuerfrei sind, sind die daraus resultierenden Währungsgewinne und -verluste den ausländischen Dividenden nur dann zuzurechnen, wenn sie im Zeitpunkt der Dividendenvereinnahmung entstehen. Bei Gewinnermittlung durch Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ist dies der Zeitpunkt des Einnahmezuflusses, bei Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG) der Zeitpunkt der Forderungsentstehung. Währungskursgewinne und -verluste, die erst im Anschluss hieran eintreten, sind nicht auf die Erzielung steuerfreier ausländischer Einnahmen, sondern auf die Verwaltung der Dividendenforderung zurückzuführen.

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist mit der B-AG (Organgesellschaft) aufgrund einer körperschaft-steuerrechtlichen Organschaft verbunden. Die B-AG hält 40 % der Anteile an einer indischen Kapitalgesellschaft, der X-Ltd. Im Streitjahr 1991 erhielt die B-AG vonder X-Ltd. Dividenden in Höhe von 197 968 DM, die steuerfrei waren[1]. Die Dividendenansprüche bilanzierte die B-AG mit dem jeweils am Tag des Ausschüttungsbeschlusses gültigen Umrechnungskurs. Spätere Kursveränderungen zum Bilanzstichtag 31.12.1991 und zum Zeitpunkt der Vereinnahmung der Dividenden behandelte sie als Aufwand bzw. Ertrag. Für das Streitjahr ergaben sich Kursverluste von 14765 DM und Kursgewinne von 8 144 DM. Das Finanzamt folgte dem nicht und meinte, die Kursgewinne und -verluste stünden in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den steuerfreien Dividenden und könnten deshalb das steuerliche Ergebnis nicht beeinflussen. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab[2]. Die Revision hatte Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Nach Art. XVI Abs. 3 Buchst. a DBA-Indien 1959/1984 sind vorbehaltlich Buchst. b von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer die aus Indien stammenden Einkünfte ausgenommen, die nach dem DBA in Indien besteuert werden können. Dazu gehören gemäß Art. XVI Abs. 3 Buchst. a Satz 3 DBA-Indien 1959/1984 auch Dividenden im Sinne von Art. VII Abs. 1 des Abkommens, vorausgesetzt, sie werden an eine in der Bundesrepublik ansässige Gesellschaft von einer in Indien ansässigen Gesellschaft gezahlt, deren Kapital zumindest in Höhe von 10 % der in der Bundesrepublik ansässigen Gesellschaft gehört. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.

Die von der B-AG erlittenen Währungsverluste sind - ebenso wie umgekehrt die von der B-AG vereinnahmten Währungsgewinne - den Dividenden weder nach Maßgabe von § 4 Abs. 4 EStG noch nach Maßgabe von § 3c Abs. 1 EStG zuzuordnen und unterliegen deswegen auch keinem Abzugsverbot. Zwar hängen die auf die Währungsschwankungen zwischen der Indischen Rupie und der Deutschen Mark zurückzuführenden Gewinne und Verluste in einem weiteren Sinne mit den betreffenden Dividenden wirtschaftlich zusammen. Ohne diese Dividenden wären entsprechende Verluste ebenso wenig wie entsprechende Gewinne entstanden[3]. Dass beide in dem anderen Vertragsstaat regelmäßig nicht in die Bemessungsgrundlage eingehen und sie deshalb im Ergebnis steuerlich gänzlich unberücksichtigt bleiben können, ist unbeachtlich[4]. Voraussetzung dieser Rechtswirkungen ist jedoch, dass es sich um Kursgewinne oder -verluste handelt, die nicht nur allgemein, sondern auch konkret durch das Erzielen der betreffenden Einnahmen bedingt sind. Gehören die betreffenden Einnahmen zum Privatvermögen des Steuerpflichtigen oder zu dessen Betriebsvermögen und ermittelt er seinen Gewinn durch Überschussrechnung, ist dies - erst - dann der Fall, wenn ihm die Einnahmen zugeflossen sind. Etwaige, dadurch ausgelöste Kursveränderungen sind sonachstets den ausländischen Einkünften zuzurechnen.

Bei Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich - wie bei der B-AG - verhält es sich hingegen anders. Hier verwirklicht sich die Einnahmeerzielung bereits mit dem Entstehen der Forderung, im Streitfall also in jenem Zeitpunkt, in dem die X-Ltd. die Gewinnausschüttungen beschlossen hat[5]. In diesem Zeitpunkt ist die Gewinnforderung in den Büchern des Anteilseigners zu aktivieren. Lautet sie auf eine ausländische Währung, ist sie zugleich unter Zugrundelegung des maßgeblichen Wechselkurses in die inländische Währung umzurechnen und mit diesem Betrag einzubuchen. Etwaige Gewinne und Verluste aus den Vorjahren, die sich bei diesem Vorgang ergeben, sind den ausländischen Einkünften zuzuordnen. Kursverluste, die erst im Anschluss daran eintreten, weil die ausgewiesene Forderung nach Maßgabe der handelsrechtlichen Vorschriften und der allgemeinen Einkommensermittlungsgrundsätze wegen der Währungsschwankungen am Bilanzstichtag auf einen niedrigeren Wert abzuschreiben ist[6], sind hingegen im Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen auf die Verwaltung der Forderung, nicht aber auf die Erzielung der ausländischen Einnahmen zurückzuführen. Sie mindern bzw. erhöhen vielmehr den inländischen Gewinn. Der entgegenstehenden Auffassung[7] ist nicht beizupflichten.

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