Leitsatz

Dem Vorsteuerabzug aus einer Lieferung nach § 15 Abs. 1, § 3 Abs. 1 UStG steht nicht entgegen, dass der Lieferer zivilrechtlich nicht Eigentümer des Liefergegenstands ist und darüber hinaus beabsichtigt, den gelieferten Gegenstand vertragswidrig nochmals an einen anderen Erwerber zu liefern.

 

Sachverhalt

Die Leasinggeschäft kaufte von der K-KG 5 Maschinensysteme und verleaste diese an die F-KG. Die Leasinggesellschaft wurde dabei Opfer eines großen Betrugssystems in Baden-Württemberg (mit aktiver Beteiligung der verkaufenden KG und der Leasingnehmerin). Die in einer Lagerhalle befindlichen mit Ident-Nummern gekennzeichnet Anlagen wurden dort von der Steuerpflichtigen förmlich übernommen und an die (vermeintliche) Leasingnehmerin übergeben. Tatsächhlich wurden die Indent-Systeme – ohne Wissen der Steuerpflichtigen – mehrfach ausgewechselt und die Anlagen mit neuer Kennzeichnung mehrmals betrügerisch an andere Leasingunternehmen verkauft (die vorhandenen 300 Anlagesysteme wurden 3.000 Mal verkauft). Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug mangels erfolgter "Lieferung" der Anlagen.

Der BFH dagegen gewährte den Vorsteuerabzug. Umsatzsteuerlich setzt eine Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG voraus, dass der Lieferer dem Abnehmer an dem Liefergegenstand Verfügungsmacht verschafft. Das setzt voraus, dass der Abnehmer über den Gegenstand faktisch wie ein Eigentümer verfügen kann. Im Urteilsfall wurde der Steuerpflichtigen am Tag der "förmlichen" Übergabe der mittelbare Besitz an den fünf Systeme zugewendet. Auf die zivilrechtliche Eigentumsübertragung nach dem nationalen Gesetz kommt es nicht an. So können Gegenstände auch ohne zivilrechtliche Eigentumsverschaffung z.B. durch einen Dieb umsatzsteuerlich geliefert werden. Dementsprechend steht die mehrfache Unterschlagung der Leasinggegenstände durch die beiden KGs einer jeweils neuen Lieferung der unterschlagenen Gegenstände nicht entgegen.

Auch erfolgt keine Berichtigung der Vorsteuer nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG mangels Rückgängigmachung der Lieferung. Aber auch bei erfolgter Rückgängigmachung der Lieferung ergibt sich keine Berichtigung nach § 17 UStG. Die Vorschrift setzt die Rückzahlung der bereits gezahlten Entgelte an die Abnehmerin voraus, was nicht erfolgt ist.

 

Hinweis

Der Vorsteuerabzug wäre versagt worden, wenn die Abnehmerin von den Betrugsabsichten der "Lieferer" wusste oder hätte wissen müssen, was hier aber wohl nicht gegeben war.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 8.9.2011, V R 43/10.

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