Leitsatz

  1. Der Betreiber einer Fotovoltaikanlage kann einen Carport, auf dessen Dach die Anlage installiert wird und der zum Unterstellen eines privat genutzten Pkw verwendet wird, insgesamt seinem Unternehmen zuordnen und dann aufgrund der Unternehmenszuordnung in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten des Carports berechtigt sein; er hat dann aber die private Verwendung des Carports als unentgeltliche Wertabgabe zu versteuern.
  2. Voraussetzung dafür ist, dass die unternehmerische Nutzung des gesamten Carports mindestens 10 % beträgt.
  3. Zur Ermittlung des unternehmerischen Nutzungsanteils im Wege einer sachgerechten Schätzung kommt ein Umsatzschlüssel in Betracht, bei dem ein fiktiver Vermietungsumsatz für den nichtunternehmerisch genutzten inneren Teil des Carports einem fiktiven Umsatz für die Vermietung der Dachfläche an einen Dritten zum Betrieb einer Fotovoltaikanlage gegenübergestellt wird.
  4. Hat das FG über einen USt-Vorauszahlungsbescheid entschieden, der während des finanzgerichtlichen Verfahrens durch einen USt-Jahresbescheid ersetzt wurde, ist eine Aufhebung des FG-Urteils aus verfahrensrechtlichen Gründen ausnahmsweise entbehrlich, wenn durch den USt-Jahresbescheid kein neuer Streitpunkt in das Verfahren eingeführt wurde.
 

Sachverhalt

Im Verfahren

  • XI R 21/10 wurde die Dachfläche einer Garage durch Anbau eines Carports zum Unterstellen eines Privat-Pkw erweitert und auf dem Dach eine Fotovoltaikanlage (FVA) installiert. Der Vorsteuerabzug wurde aus den Herstellungskosten der FVA und der Dacherweiterung geltend gemacht. Das Finanzamt lehnte den auf den Carport entfallenden Vorsteuerabzug mangels unternehmerischer Nutzung und mangels Nutzungs- und Funktionszusammenhangs mit der FVA ab. Das FG folgte dem.

Der BFH hob sämtliche Vorentscheidungen auf und verwies an das jeweilige FG zurück.

 

Entscheidung

XI R 21/10: Der Vorsteuerabzug war nicht mit der Begründung zu versagen, die Errichtung des Carports sei nicht für das Unternehmen des K ausgeführt worden.

 

Kommentar

Praxishinweis

Der sonst nicht unternehmerisch tätige Betreiber einer FVA, der den erzeugten Strom kontinuierlich an einen Energieversorger veräußert, ist insoweit umsatzsteuerrechtlich Unternehmer. Er ist deshalb grundsätzlich zum Abzug der ihm in Rechnung gestellten Vorsteuer aus Aufwendungen berechtigt, soweit diese mit seinen Umsätzen aus den Stromlieferungen in direktem und unmittelbarem Zusammenhang stehen. Die Umsatzsteuer aus Herstellungskosten für Gebäude kann jedoch nur insoweit als Vorsteuer abgezogen werden, als das Gebäude für die Stromlieferungen unternehmerisch genutzt wird. Voraussetzung ist, dass die teilweise unternehmerische Nutzung des Gebäudes mindestens 10 % der Gesamtnutzung beträgt. Denn nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG gilt die Lieferung eines Gegenstands, den der Unternehmer zu weniger als 10 % für sein Unternehmen nutzt, als nicht für das Unternehmen ausgeführt.

Im Fall der Neueindeckung des Dachs eines schon vorhandenen, anderweitig nicht genutzten Gebäudes hat die 10-%-Grenze keine Bedeutung, weil es hier nicht um Herstellungskosten eines gelieferten Gegenstands geht, sondern um Erhaltungsaufwendungen in Form von Dienstleistungen.

Den maßgebenden unternehmerischen Nutzungsanteil hat der Unternehmer durch sachgerechte und von der Finanzverwaltung zu überprüfende Schätzung zu ermitteln. Dabei kommt – und hier betritt der BFH Neuland – z.B. ein Umsatzschlüssel in Betracht, bei dem ein fiktiver Vermietungsumsatz für den nichtunternehmerisch genutzten inneren Teil eines Gebäudes einem fiktiven Umsatz für die Vermietung der Dachfläche an einen Dritten zum Betrieb einer FVA gegenübergestellt wird.

Der "Carport-Fall" betrifft insoweit ausgelaufenes Recht, als die vollständige Zuordnung eines nicht-unternehmerisch genutzten Grundstücks zum Unternehmen seit Inkrafttreten von § 15 Abs. 1b UStG nicht mehr möglich ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, 19.7.2011, XI R 21/10.

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