Leitsatz (amtlich)

Gewährt eine Genossenschaft ihren Mitgliedern mit Gutschriften eine umsatzabhängige Rückvergütung für die an die Genossenschaft erbrachten Lieferungen, handelt es sich um eine nachträgliche Erhöhung des Entgelts mit der Folge, dass die Genossenschaft insoweit zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Genossenschaft. Sie kauft u.a. Schlachtvieh von Mitgliedern und Nichtmitgliedern zu Marktpreisen; den Lieferanten erteilt sie Gutschriften mit Umsatzsteuerausweis. Nach ihrer Satzung können Vorstand und Aufsichtsrat beschließen, welcher Teil des Überschusses als genossenschaftliche Rückvergütung ausgeschüttet wird. Dabei ist auf einen angemessenen Reingewinn Rücksicht zu nehmen. Auf die Rückvergütung haben die Mitglieder einen Rechtsanspruch. Über die Verwendung des Reingewinns beschließt die Generalversammlung; er wird an die Mitglieder nach dem Verhältnis ihrer Geschäftsguthaben am Schluss des vorangegangenen Geschäftsjahres verteilt. Aufgrund des Beschlusses vom 2.2.1995 erhielten die Mitglieder für das abgelaufene Wirtschaftsjahr 1994 eine genossenschaftliche Rückvergütung von 0,5 % "auf das gelieferte Schlachtvieh"; d.h. das einzelne Mitglied erhielt 0,5 % seines gesamten "Nettoerlöses" aus den Schlachtviehlieferungen an die Klägerin zuzüglich USt. Auch hierüber erteilte die Klägerin ihren Mitgliedern entsprechende Gutschriften mit ausgewiesener USt. Diese USt (5 809 DM) machte sie in ihrer USt-Erklärung für 1995 als Vorsteuerbeträge geltend. Das Finanzamt meinte, die Rückvergütung berühre nicht die Bemessungsgrundlage für die Schlachtviehlieferungen; vielmehr handle es sich um eine Gewinnausschüttung. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt[1]. Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.

 

Entscheidungsgründe

Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die ihm von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Als Rechnung gilt auch eine Gutschrift, mit der ein Unternehmer über eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung abrechnet, die an ihn ausgeführt wird[2]. Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz i.S. des § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 UStG geändert, so hat nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den Steuerbetrag und der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen.

Als Vorsteuerbetrag abziehbar ist allerdings nur die für einen ausgeführten, berechneten Umsatz geschuldete USt[3]. Die in den streitigen Gutschriften ausgewiesenen USt-Beträge sind deshalb nur abziehbar, wenn die Rückvergütung an die Mitglieder der Genossenschaft als nachträgliche Erhöhung des vereinbarten Entgelts für die Schlachtviehlieferungen zu beurteilen ist[4]. Diese Voraussetzungen liegen entgegen der Auffassung des Finanzamts vor. Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Leistungen zwischen einer Gesellschaft und deren Gesellschafter richtet sich danach, ob es sich um Leistungen handelt, die als Gesellschafterbeitrag durch die Beteiligung an Gewinn oder Verlust ausgeglichen werden oder um Leistungen, die gegen Entgelt ausgeführt werden und damit auf einem Leistungsaustausch beruhen. Gleiches gilt für die Beurteilung von Leistungsbeziehungen zwischen den Mitgliedern einer Genossenschaft und der Genossenschaft. Steuerbare Leistungen i.S. des § 1 Abs. 1 UStG liegen daher vor, wenn Grundlage hierfür konkrete Leistungsbeziehungen eines Mitgliedes der Genossenschaft zur Genossenschaft sind, die auf den Austausch der Leistungen des Genossenschaftsmitgliedes gegen Entgelt gerichtet sind[5]. Diese Unterscheidung entspricht der Rechtsprechung des EuGH[6]. Ohne Bedeutung für die Beurteilung ist dabei, ob die Leistungen auf gesellschaftsrechtlicher Verpflichtung beruhen[7].

Die genossenschaftliche Rückvergütung ist eine spezielle, gesetzlich nicht ausdrücklich geregelte Form der genossenschaftlichen Überschussverteilung, die sich auf verschiedene Geschäftssparten (Bezugs-, Absatz-, Leistungs- oder Kreditgeschäfte) beziehen kann. Sie richtet sich - anders als die Verteilung des Reingewinns - nicht nach der Anzahl der von dem Mitglied gezeichneten Geschäftsanteile oder nach der Höhe der Einzahlungen darauf und ist keine Form der Gewinnverteilung[8]. Dementsprechend unterscheidet auch die Satzung der Klägerin zwischen genossenschaftlicher Rückvergütung einerseits und der Verteilung des Reingewinns, der an die Mitglieder nach dem Verhältnis ihrer Beteiligung an der Genossenschaft verteilt wird.

Umsatzsteuerrechtlich allein entscheidend für die Beurteilung der Rückvergütung ist, ob durch sie die Entgelte für bestimmte Umsätze geändert werden - sei es als Entgeltsrückzahlung für Leistungen der Genossenschaft an ihre Mitglieder oder als nachträgliches Entgelt für Lieferungen der Mitgliede...

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