Leitsatz

  1. Vorsteuerbeträge können nicht abgezogen werden, wenn es an objektiven Anhaltspunkten dafür fehlt, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt hatte, die Eingangsleistungen zur Ausführung von steuerpflichtigen Umsätzen zu verwenden.
  2. Absichtsänderungen wirken nicht zurück und führen deshalb nicht dazu, dass Steuerbeträge nachträglich als Vorsteuer abziehbar sind.
 

Sachverhalt

Ein Landkreis begann 1991 mit umfangreichen Erschließungsmaßnahmen für einen Gewerbepark. Er erwarb 1991 bis 1995 Grundstücke und erschloss sie. Ab 1992 veräußerte er erschlossene Grundstücke an Gewerbetreibende und vereinbarte dafür Kaufpreise ohne gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer. In der 1998 abgegebenen Umsatzsteuererklärung für 1991 machte der Landkreis erhebliche Vorsteuerbeträge geltend. Das Finanzamt lehnte mit der Begründung ab, die Erschließung sei eine hoheitliche, nichtunternehmerische Tätigkeit des Landkreises.

 

Entscheidung

Der BFH konnte die Prüfung der Unternehmereigenschaft des Landkreises offen lassen. Auch bei deren Annahme schied ein Vorsteuerabzugsrecht für 1991 aus, weil der Landkreis bei Inanspruchnahme der streitigen Leistungen zur Durchführung der Erschließung nicht (objektivierbar) beabsichtigte, diese zur Ausführung "besteuerter" Umsätze zu verwenden. Vielmehr waren steuerfreie Grundstücksveräußerungen vorgesehen. Noch in den ersten Verträgen über Grundstückslieferungen aus dem Jahr 1992 war der Kaufpreis ohne Umsatzsteuer vereinbart worden. Die Behandlung der Verkäufe als steuerpflichtig in der 1998 nachträglich für 1991 abgegebenen Steuererklärung mag eine Absichtsänderung sein; eine solche wirkt aber nicht zurück.

 

Praxishinweis

Der BFH[1] hat bereits die unternehmerische Tätigkeit durch einen Zweckverband durch nachhaltige An- und Verkäufe von Grundstücken zur Umwandlung eines Militärflughafens in einen Gewerbepark bejaht. Den Bau und die Unterhaltung von dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen sowie der Entwässerungsanlagen rechnete er der nichtunternehmerischen Tätigkeit zu. Nach diesen Abgrenzungen wäre auch im Streitfall von unternehmerischer Tätigkeit auszugehen.

Hinsichtlich des Vorsteuerabzugsrechts von Kommunen bei Erschließungsmaßnahmen – in den unterschiedlichen Gestaltungen, wie sie das BMF[2] geschildert hat – ergab sich noch keine Entscheidungsmöglichkeit für den BFH. Hier sind Fälle im Auge zu behalten, in denen die gesamte Tätigkeit einer (kommunalen) Erschließungs-GmbH übertragen wird, die die erschlossenen Grundstücke verkauft, die "Erschließungsgrundstücke" – Straßen und Plätze – aber unentgeltlich an die Gemeinde abgibt. Kommt man hier zum Ergebnis, dass steuerpflichtiger "Eigenverbrauch" vorliegt, weil die Entnahme eines Grundstücks nicht unter das GrEStG fällt und somit die Steuerfreiheit für Grundstückslieferungen nach § 4 Nr. 9 a UStG nicht eingreift, was einer Änderung der bisherigen Praxis gleich käme, bestünde insoweit kein Vorsteuerabzugshindernis.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 25.11.2004, V R 38/03

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