Leitsätze (amtlich)

  1. Voraussetzungen der Betriebsveräußerung und Betriebsaufgabe bei einer vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG.
  2. § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG a.F., der eine Bilanzänderung mit Zustimmung des FA zulässt, ist jedenfalls dann bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 1998 anzuwenden, wenn der Antrag auf Zustimmung zur Bilanzänderung vor dem 1. Januar 1999 gestellt wurde und ein Rechtsanspruch des Steuerpflichtigen auf die Erteilung der Zustimmung bestand. Die in § 52 Abs. 9 EStG i.d.F. des StBereinG 1999 getroffene Regelung, dass die die Bilanzänderung einschränkende Vorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG n.F. auch für Veranlagungszeiträume vor 1999 anzuwenden sei, ist verfassungskonform einzuschränken.
  3. Verfolgt der Steuerpflichtige mit seinem Antrag auf Zustimmung zu einer Bilanzänderung das Ziel, eine Rücklage gemäß § 6b EStG zu bilden oder fortzuführen, so darf das FA die Zustimmung nur aus Gründen verweigern, die sich aus den vom Gesetzgeber mit § 4 Abs. 2 Satz 2 und § 6b EStG verfolgten Zielen ergeben.
  4. Eine Personengesellschaft darf eine Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG auch dann noch bilden, wenn eine Reinvestition wegen einer bevorstehenden Betriebsaufgabe nicht mehr in Betracht kommt und Gesellschaftsvermögen bereits an die Gesellschafter ausgekehrt ist; es genügt, dass die spätere Übertragung der Rücklage auf ein begünstigtes Reinvestitionsobjekt am Bilanzstichtag noch möglich war.
 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine KG, sollte nach dem Gesellschaftsvertrag einen Holz- und Möbelhandel betreiben. Tatsächlich beschränkte sie sich jedoch darauf, ein 1975 erworbenes Grundstück zu vermieten. Daneben kaufte sie Wertpapiere und erzielte hieraus Zinsen. Die Wirtschaftsgüter wies sie in ihren Bilanzen als Anlagevermögen aus. Am 27.7.1992 verkaufte die Klägerin das Grundstück für 670 000 DM. Im Januar 1993 wurde es dem Käufer übereignet. Im Oktober 1993 beschlossen die Gesellschafter die Liquidation der Gesellschaft zum 31.12.1993 und den Verkauf der Wertpapiere zum bestmöglichen Preis. Am 25.10.1993 erklärte die Klägerin gegenüber dem Finanzamt die Betriebsaufgabe. Die Wertpapiere (Buchwerte: 140000 DM) wurden im September 1994 veräußert, der Erlös anschließend an die Gesellschafter ausgekehrt. Das Finanzamt erfasste den Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks als laufenden Gewinn des Streitjahres 1993. Die Klägerin meinte dagegen, dass er dem ermäßigten Steuersatz unterliege. Mit der Klage verfolgte die Klägerin dieses Begehren im Hauptantrag weiter. Mit ihrem Hilfsantrag begehrte die Klägerin, das Finanzamt zu verpflichten, einer Änderung der Bilanz zum 31.12.1993 gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG dahingehend zuzustimmen, dass der von der Klägerin erzielte Veräußerungsgewinn von 659 260 DM einer Rücklage gemäß § 6b Abs. 3 EStG zugeführt wird. Das FG wies die Klage ab[1]. Die Revision hatte mit dem Hilfsantrag Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

  1. Die Revision ist im Hauptantrag unbegründet. Der Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks unterliegt nicht dem ermäßigten Steuersatz nach §§ 16,34 EStG. Es handelt sich weder um einen Veräußerungsgewinn i.S. von § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG noch um einen Aufgabegewinn i.S. von § 16 Abs. 3 EStG. Die Klägerin hat mit der Veräußerung des Grundstücks nicht ihren ganzen Betrieb veräußert. Sie hat mit dieser Veräußerung weder ihre bisherige gewerbliche Tätigkeit beendet noch hat sie alle dieser Tätigkeit dienenden wesentlichen Betriebsgrundlagen an einen Erwerber veräußert.

Es liegt auch keine tarifbegünstigte Betriebsaufgabe vor. Geht man davon aus, dass die Klägerin ihren Betrieb endgültig erst mit dem Gesellschafterbeschluss vom 23.10.1993 einstellen wollte, dann ist die Veräußerung des Grundstücks noch nicht Teil des Aufgabevorgangs; der Veräußerungsgewinn gehört zum laufenden Gewinn der Klägerin. Unterstellt man zugunsten der Klägerin, dass die Veräußerung des Grundstücks auf einem bereits früher gefassten Aufgabeentschluss beruhte, dann ist der für eine steuerbegünstigte Betriebsaufgabe unschädliche Aufgabezeitraum überschritten. Der Aufgabevorgang hätte sich dann über drei Veranlagungszeiträume erstreckt. Für diese lange Dauer der Abwicklung des Betriebs gibt es im Streitfall keinen hinreichenden Grund. Die Betriebsaufgabe wurde entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht durch eine "Entnahme" der Wertpapiere zum 31.12.1993 beendet. Der Abwicklungszeitraum kann nicht dadurch verkürzt werden, dass wesentliche Betriebsgrundlagen, die alsbald veräußert werden sollen, in das Privatvermögen übernommen werden[2].

  1. Der Hilfsantrag ist begründet. Die Bildung einer Rücklage nach § 6b Abs. 3 ist nicht davon abhängig, dass sie in der Bilanz der Klägerin zum 1.12.1993 von vornherein enthalten war. Sie kann im Wege einer Bilanzänderung noch bis zur Bestandskraft des Feststellungsbescheids nachgeholt werden.

Eine Bilanzänderung setzte nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG a.F. die Zustimmung des Finanzamts voraus. Die Änderung der Wahlrechtsausübung bzw. seine Nichtausübung ist ein bilanzrechtlich anerka...

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