Leitsatz

Wird in der Anlage "ESt 1, 2, 3 B" zum einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid die Spalte zum Korrekturbetrag nach § 15a Abs. 1, 2 oder 3 EStG von der Finanzbehörde nicht ausgefüllt, so kann ohne zusätzliche Anhaltspunkte der Empfänger des Gewinnfeststellungsbescheids unter Berücksichtigung von Treu und Glauben nicht von einer zugleich getroffenen – negativen – einheitlichen und gesonderten Feststellung auch über die Höhe des verrechenbaren Verlusts dieses Feststellungszeitraums ausgehen.

 

Sachverhalt

L war seit 1987 atypisch still an der Z-GmbH beteiligt. Mit einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheiden für die Z-GmbH & atypisch Still stellte das Finanzamt für die Streitjahre 1997 und 1998 endgültig und bestandskräftig Verluste von 254236 DM bzw. 155390 DM fest und verteilte sie auf die Z-GmbH und L.

Anlässlich der Bearbeitung der Feststellungserklärung 1999 forderte das Finanzamt L auf, Erklärungen zur Feststellung der verrechenbaren Verluste nach § 15a EStG für die Jahre 1997 bis 1999 einzureichen. Dem kam L nicht nach, weil sie die Berechtigung des Finanzamts für entsprechende nachträgliche Feststellungen verneinte. Im Juni 2002 erließ das Finanzamt darauf gegenüber L als atypisch still Beteiligter Bescheide über die gesonderte Feststellung der verrechenbaren Verluste und stellte diese zum 31.12.1997 auf 66985 DM und zum 31.12.1998 auf 178767 DM fest. Die dagegen erhobenen Klage hatte Erfolg. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab.

 

Entscheidung

Das FG ist zu Unrecht von negativen Feststellungen des Finanzamts bezüglich nur verrechenbarer Verluste der L in den Streitjahren ausgegangen. Der nach § 15a Abs. 1 EStG nicht ausgleichs- oder abzugsfähige Verlust eines Kommanditisten ist nach § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG jährlich gesondert festzustellen. Dabei ist vom verrechenbaren Verlust des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs auszugehen. Der Feststellungsbescheid kann nur insoweit angegriffen werden, als der verrechenbare Verlust sich gegenüber dem verrechenbaren Verlust des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs verändert hat. Werden die geänderten Feststellungen mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung der einkommensteuerpflichtigen Einkünfte verbunden, sind die gesonderten Feststellungen des verrechenbaren Verlustes einheitlich durchzuführen[1]. Dies gilt auch für atypische stille Gesellschafter[2].

Im Zusammenhang mit den einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheiden für 1997 und 1998 hat das Finanzamt nicht zugleich gesonderte und einheitliche negative Feststellungen über die Höhe der verrechenbaren Verluste in diesen Jahren getroffen. Für die gegebenenfalls erforderliche Auslegung eines Verwaltungsakts i.S. von § 118 Satz 1 AO kommt es entscheidend darauf an, wie der Betroffene nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte. Bei der Auslegung ist nicht allein auf den Tenor des Bescheids abzustellen, sondern auch auf den materiellen Regelungsgehalt einschließlich der Begründung des Bescheids[3]. Reichen die tatsächlichen Feststellungen des FG hierfür aus, ist auch das Revisionsgericht zur Auslegung befugt. Eine Bindung des Revisionsgerichts an die Auslegung eines Feststellungsbescheids durch das FG besteht nicht.

Nach diesen Grundsätzen konnte der Empfänger der Gewinnfeststellungsbescheide 1997 und 1998, der steuerlich beratene Geschäftsführer der Z-GmbH, die Bescheide nicht dahin gehend verstehen, dass für L durch die unausgefüllte Rubrik zu § 15a EStG in der Anlage ESt 1, 2, 3 B zugleich eine gesonderte negative Feststellung dahin getroffen wurde, dass für die Streitjahre keine verrechenbaren, sondern ausgleichsfähige Verluste vorlagen. Die Höhe der verrechenbaren Verluste ist zwar von Amts wegen jährlich gesondert festzustellen. Der Geschäftsführer hat in den Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung für 1997 und 1998 indes keine Angaben zu nur verrechenbaren Verlusten und deren Entwicklung gemacht. Insoweit handelt es sich auch nicht um eine notwendige Feststellung im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung. Denn notwendige Feststellungen sind solche, die im Einzelfall in einem Feststellungsverfahren getroffen werden müssen und nicht erst in einem Folgeverfahren getroffen werden dürfen. Die Feststellung des verrechenbaren Verlusts ist stets ein selbstständiger Verwaltungsakt, für den die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung Bindungswirkung als Grundlagenbescheid entfaltet. Ist streitig, ob der einem atypisch stillen Gesellschafter zugeteilte Verlustanteil ausgleichsfähig oder nur verrechenbar ist, muss darüber im Verfahren zur Feststellung des verrechenbaren Verlusts nach § 15a Abs. 4 EStG entschieden werden[4]. Ob diese Feststellung gesondert durch einen Bescheid oder in Verbindung mit dem einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid in einem zusammengefassten Bescheid erfolgt, liegt...

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