Leitsatz

Die Einkünfte einer vermögensverwaltenden Gesellschaft aus der Vermietung von Räumen an eine freiberuflich tätige Anwaltsgemeinschaft sind auch dann auf der Ebene der Gesellschaft einheitlich und gesondert festzustellen, wenn ein Gesellschafter zugleich an der Anwaltsgemeinschaft beteiligt ist und sein Grundstücksanteil als Sonderbetriebsvermögen im Rahmen der selbständigen Tätigkeit zu erfassen ist.

 

Sachverhalt

Eine Grundstücksgemeinschaft in der Rechtsform einer GbR besteht aus Ehegatten, die je zur Hälfte Eigentümer des Grundstücks sind. Nach Fertigstellung des Gebäudes im Jahr 2002 wurde das Dachgeschoss an eine Rechtsanwaltskanzlei vermietet. Als Mitglied dieser Anwaltskanzlei bezieht der Ehemann Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die vom Finanzamt S einheitlich und gesondert festgestellt werden.

Im Juni 2004 reichte die GbR für die Jahre 2001 und 2002 Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Feststellung für die Grundstücksgemeinschaft ein. Zu diesem Zeitpunkt waren die Ehegatten bereits bestandskräftig zur Einkommensteuer 2001 zusammen veranlagt. Dabei sind die Einkünfte aus der Beteiligung an der Anwaltssozietät nach der Mitteilung des Finanzamts S erfasst worden. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind in die Steuerfestsetzung 2001 nicht eingegangen. Die Ehegatten hatten entsprechende Einkünfte in ihrer Einkommensteuererklärung nicht geltend gemacht. Bei der Einkommensteuerfestsetzung für 2002 berücksichtigte das Finanzamt lediglich den Anteil der Ehefrau an den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Es lehnte die Durchführung einer einheitlichen und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2001 und 2002 ab.

Nach Meinung des BFH ist das Finanzamt verpflichtet, die Einkünfte der GbR aus Vermietung und Verpachtung einheitlich und gesondert festzustellen. Im diesem Bereich ist eine einheitliche und gesonderte Feststellung vorzunehmen, wenn mehrere Personen gemeinschaftlich den Tatbestand der Vermietung und Verpachtung verwirklichen (§ 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO). Ist ein Gesellschafter betrieblich beteiligt, wandeln sich die ihm zuzurechnenden Beteiligungseinkünfte in betriebliche Einkünfte um. Diese Umqualifizierung vollzieht sich außerhalb der Gemeinschaft auf der Ebene des Gesellschafters. Verwirklicht er mit der Vermietungstätigkeit außerhalb der Beteiligung zugleich die Voraussetzungen der § 18 Abs. 4 Satz 2, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, treten diese Tatbestandsmerkmale zu den gemeinschaftlich erfüllten und verbindlich festgestellten Besteuerungsgrundlagen hinzu und gehören deshalb nicht in den Regelungsbereich des Grundlagenbescheids, sondern in jenen des Folgebescheids.

Dabei kann der Folgebescheid ein weiterer Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften sein, wenn die Grundstücksgemeinschaft Räume an eine freiberuflich tätige Anwaltsgemeinschaft vermietet, an der einer ihrer Gesellschafter beteiligt ist. Hier müssen die gemeinschaftlich verwirklichten Besteuerungsmerkmale auf der Ebene der GbR festgestellt werden, während die Umqualifizierung der Vermietungseinkünfte in Gewinnanteile bei der Anwaltsgemeinschaft (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 18 Abs. 4 Satz 2 EStG) im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit vorzunehmen ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 9.10.2008, IX R 72/07.

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