Leitsatz

Im Verlustentstehungsjahr nicht ausgeglichene Verluste sind in einen vorangegangenen, nicht festsetzungsverjährten Veranlagungszeitraum auch dann zurückzutragen, wenn für das Verlustentstehungsjahr selbst bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist.

 

Sachverhalt

K beriet eine GmbH in Steuersachen. Nach einem Zerwürfnis zahlte die GmbH im Jahr 2001 230.000 EUR zur Abgeltung wechselseitiger Ansprüche an K, forderte diese aber zurück, weil keine entsprechende Vereinbarung zustande kam. K erstattete erst aufgrund eines Gerichtsurteils im Jahr 2002. Er erklärte seine Einkünfte nach § 4 Abs. 3 EStG für 2001 ohne die 230.000 EUR als Einnahme, sondern sah darin einen durchlaufenden Posten. Das Finanzamt setzte dagegen eine Einnahme an. Dem folgte das FG, ließ aber den Verlustrücktrag in das Jahr 2001 zu. Der BFH bestätigte dies.

 

Entscheidung

Nach § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG sind Verluste, die bei der Ermittlung der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, unter weiteren Voraussetzungen wie Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte des vorangegangenen Veranlagungszeitraum abzuziehen.

Dies gilt auch dann, wenn der Veranlagungszeitraum der Verlustentstehung verjährt ist. Denn der Verlustrücktrag ist unabhängig von dem in der Steuerfestsetzung des Verlustentstehungsjahrs ausgewiesenen Gesamtbetrag der Einkünfte nach § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG in zutreffender Höhe durchzuführen.

Über Grund und Höhe des rücktragbaren Verlusts wird nicht im Entstehungsjahr, sondern im Abzugsjahr entschieden. Ebenso wie die Bestandskraft nur den festgesetzten Steuerbetrag erfasst, nicht aber die Besteuerungsgrundlagen, erlischt durch Verjährung der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis – und das ist die im Verlustentstehungsjahr festgesetzte Einkommensteuer. "Verluste, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden", bilden dagegen nur eine Ausgangsgröße und damit eine Grundlage für die Ermittlung des Verlustabzugs.

Die Vorschrift des § 10d Abs. 1 Satz 3 EStG steht dem nicht entgegen. Danach kann ein Steuerbescheid des Rücktragjahrs auch dann geändert werden, wenn er unanfechtbar geworden ist. Die Verjährungsfristen enden nicht, bevor die Verjährungsfrist für den Veranlagungszeitraum abgelaufen ist, in dem Verluste nicht ausgeglichen werden. Diese Norm trifft keine Aussage über das Entstehungsjahr. Sie ist Bestandteil der in § 10d Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG enthaltenen eigenständigen Korrekturvorschriften. Sie trifft lediglich eine Aussage zur Verjährung des Jahrs, in dem die Verluste abzuziehen sind. Denn ein Verlustabzug in einen verjährten Veranlagungszeitraum wäre ohne besondere Regelung nicht zulässig. Da aber allein im Rücktragjahr als Abzugsjahr darüber entschieden wird, in welcher Höhe Verluste abziehbar sind, ist der Verlustabzug aus einem verjährten Verlustentstehungsjahr zulässig.

 

Link zur Entscheidung

BFH, 27.01.2010, IX R 59/08.

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