Leitsatz

Die sog. Wertgebühr, die für die Bearbeitung von Anträgen auf verbindliche Auskünfte erhoben wird, ist dem Grunde und der Höhe nach verfassungsgemäß.

 

Sachverhalt

Eine GmbH beantragte beim Finanzamt vor einer Umstrukturierung eine verbindliche Auskunft zu den Folgen einer Abspaltung sowie zur Einstufung von Beteiligungen an Vertriebsgesellschaften als wesentliche Betriebsgrundlagen. Den Gegenstandswert der Auskunft gab sie mit knapp 1,3 Mio. EUR an. Das Finanzamt erteilte die Auskunft und setzte dafür 5.356 EUR Gebühren fest. Die GmbH hält die Gebührenpflicht für die Auskunft für verfassungswidrig – nicht aber FG und BFH.

 

Hinweis

Verfassungsrechtliche Bedenken hält der BFH nicht für durchschlagend: Die Gebühr gleicht als Gegenleistung den besonderen Aufwand der Finanzverwaltung infolge der Bearbeitung der Auskunftsanträge aus und schöpft den Vorteil ab, den der Steuerpflichtige durch die Auskunft erlangt: eine verbindliche und tragfähige Grundlage für das weitere wirtschaftliche Handeln.

Den Einwand, das Steuerrecht sei derart komplex und kompliziert, dass es geradezu ein Akt verfassungsrechtlich einzufordernder behördlicher Fürsorge sei, dem Steuerpflichtigen mit verbindlichen Auskünften zur Seite zu stehen, "kontert" der BFH mit dem Hinweis aus, dass diese Komplexität und Kompliziertheit oft auf das kreative Gestaltungsverhalten der Steuerpflichtigen zurückzuführen ist. Das eine bedingt eben das andere und rechtfertigt dann auch eine Gebühr als Gegenleistung. Das gilt insbesondere für Umstrukturierungen, da das Umwandlungssteuerrecht nicht zum "klassischen" fiskalen Eingriffsrecht rechnet, sondern nur den steuerpolitischen "Rechtsrahmen" zur Verfügung stellt.

Sollte eine Auskunft (ausnahmsweise) erforderlich werden, weil die Finanzverwaltung eine "sinnlos" erscheinende, letztlich von niemandem geteilte Auffassung vertritt und deswegen das Auskunftsverlangen geradezu provoziert, bleibt immer noch die Möglichkeit des Gebührenerlasses gem. § 227 AO. Künftig soll dies im Gesetz verankert werden. Der Entwurf des Steuervereinfachungsgesetzes sieht ausdrücklich einen Gebührenverzicht wegen Unbilligkeit vor.

Der verfassungsrechtliche "Persilschein", den der BFH dem Gesetzgeber gibt, erstreckt sich auf die Gebühr "dem Grunde nach" sowie "der Höhe nach" und umfasst sowohl die am Gegenstandswert bemessene Gebühr als auch die Zeitgebühr.

 

Link zur Entscheidung

BFH, 30.3.2011, I R 61/10.

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