Leitsatz (amtlich)

Hat ein Gesellschafter seine im Privatvermögen gehaltene wesentliche Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft vor der gesetzlichen Regelung in § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG durch das StÄndG 1992 verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt, an der er ebenfalls wesentlich beteiligt war, waren die Anschaffungskosten dieser Beteiligung um den gemeinen Wert der eingelegten Beteiligung im Einlagezeitpunkt zu erhöhen.

 

Sachverhalt

Die Klägerin war mit Geschäftsanteilen im Nennwert von 1 240 500 DM an der G-GmbH (Stammkapital 2 025 000 DM) und mit 98% des Stammkapitals von 50 000 DM an der 1989 gegründeten L-GmbH beteiligt. Die übrigen Geschäftsanteile an beiden Gesellschaften hielt ihr Sohn. Die Geschäftsanteile an der L-GmbH hielt er als Treuhänder für seine Mutter. Im Anschluss an die Gründung der L-GmbH trat die Klägerin Geschäftsanteile an der G-GmbH im Nennwert von 1 187 200 DM unentgeltlich an die L-GmbH ab; der Verkehrswert der Anteile betrug 88 Mio. DM. Mit notariellem Vertrag vom gleichen Tag veräußerten die Klägerin und ihr Sohn ihre Geschäftsanteile an der L-GmbH an die VK-AG. Als Kaufpreis erhielten die Klägerin 88,2 Mio. DM, der Sohn 1,8 Mio. DM. Zur Begründung der zeitgleichen Gründung der L-GmbH, der verdeckten Einlage der Beteiligung an der G-GmbH und der anschließenden Veräußerung der Beteiligung an der L-GmbH führte die Klägerin aus, dass die L-GmbH als Zwischenholding konzipiert gewesen sei. Diese Konzeption habe die VK-AG auch realisiert und weitere Beteiligungen hinzuerworben. Die Beteiligung an der G-GmbH sei im Betriebsvermögen der L-GmbH verblieben. Die Klägerin und ihr Sohn waren auch weiterhin noch mit einem geringen Anteil an der G-GmbH beteiligt. Für 1989 erklärte die Klägerin einen Veräußerungsgewinn gemäß § 17 EStG von rd. 300 000 DM. Sie meinte, die Abtretung der Geschäftsanteile an der G-GmbH sei keine Veräußerung, sondern eine verdeckte Einlage gewesen und habe deshalb bei ihr zu nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung an der L-GmbH in Höhe des gemeinen Werts der eingelegten Beteiligung geführt. Demgemäß sei in Höhe dieses Werts bei der Veräußerung der Anteile an der L-GmbH kein Veräußerungsgewinn entstanden. Dagegen ermittelte das Finanzamt einen Veräußerungsgewinn von 87 429 140 DM. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab[1]. Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und gab der Klage statt.

 

Entscheidungsgründe

Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns der Klägerin i.S. von § 17 EStG sind nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung an der L-GmbH von 88 Mio. DM zu berücksichtigen, die der Klägerin durch die verdeckte Einlage der Geschäftsanteile an der G-GmbH in das Betriebsvermögen der L-GmbH entstanden sind. Die verdeckte Einlage einer wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft steht erst ab dem VZ 1992 einer Veräußerung zum gemeinen Wert gleich[2]. Für vorausgehende VZ ist die verdeckte Einlage als unentgeltliche Übertragung der Beteiligung in das Betriebsvermögen der anderen Gesellschaft zu beurteilen. Das gilt auch für die Abtretung der Geschäftsanteile an der G-GmbH an die L-GmbH. Sie ist noch 1989 wirksam geworden.

Die verdeckte Einlage führte zu nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung an der L-GmbH in Höhe des gemeinen Werts der eingelegten Geschäftsanteile im Einlagezeitpunkt. Dies entspricht der h.M. im Schrifttum[3]. Die hinsichtlich der Bewertung der verdeckten Einlage einer wesentlichen Beteiligung bestehende Gesetzeslücke ist über § 1 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 BewG zu schließen. Das entspricht der bisherigen Rechtsprechung zur Bewertung verdeckter Einlagen aus einem Betriebsvermögen[4]. Die Bewertung der verdeckt eingelegten Beteiligung mit dem gemeinen Wert hat zwar zur Folge, dass die in der Beteiligung bis zum Einlagezeitpunkt gebildeten stillen Reserven beim Gesellschafter weder im Einlagezeitpunkt noch später erfasst werden; sie führt aber insofern nicht zu einer Besteuerungslücke, als die stillen Reserven auf der Ebene der Gesellschaft zu erfassen sind, bei der die eingelegte Beteiligung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5b EStG mit den Anschaffungskosten des einlegenden Gesellschafters anzusetzen ist[5]. Dass bei dieser Gestaltung die stillen Reserven auf ein anderes Rechtssubjekt übergehen und ihre Besteuerung bei diesem gegebenenfalls nicht in der gleichen Weise sichergestellt ist wie beim einlegenden Gesellschafter, steht dieser - notwendigerweise typisierenden - Beurteilung nicht entgegen[6]. Es ist Sache des Gesetzgebers, die Gesetzeslücke im Bereich des Veräußerungsbegriffs des § 17 Abs. 1 EStG in der Weise zu schließen, dass die im Privatvermögen des Gesellschafters gebildeten stillen Reserven im Einlagezeitpunkt oder später auch allein bei diesem steuerlich erfasst werden. Ob es durch den Ansatz der nachträglichen Anschaffungskosten mit dem gemeinen Wert gegebenenfalls auch zum völligen Ausschluss der Besteuerung der stillen Reserven kommen könnte, hat der Senat im S...

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