Leitsatz

Die verdeckte Einlage einer im Betriebsvermögen gehaltenen 100 %-igen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft in eine andere Kapitalgesellschaft, an welcher der einlegende Steuerpflichtige ebenfalls mit 100 % beteiligt ist, führt auch dann zu einer Gewinnrealisierung, wenn die Beteiligung an der Zielkapitalgesellschaft zum Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen gehört.

 

Sachverhalt

Ende des Streitjahrs 1991 übertrug S den im Betriebsvermögen seines Besitzunternehmens gehaltenen 100 %-igen Anteil an der Betriebskapitalgesellschaft D-GmbH per verdeckte Einlage auf die I-GmbH, an der er ebenfalls zu 100 % beteiligt war. Das Finanzamt ging davon aus, die Einlage habe zu einer Aufdeckung der in der D-GmbH enthaltenen stillen Reserven geführt und unterwarf diese gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 i.V.m. § 34 EStG der ermäßigten Einkommensbesteuerung. Klage und Revision blieben erfolglos.

 

Entscheidung

Die verdeckte Einlage der 100 %-igen Beteiligung des S an der D-GmbH führte zur Aufdeckung und tarifbegünstigten Versteuerung der in der eingelegten Beteiligung ruhenden stillen Reserven, obwohl auch die Beteiligung des S an der I-GmbH – spätestens mit der Einlage, die eine mittelbare Betriebsaufspaltung begründete – notwendiges Betriebsvermögen des Besitzunternehmens des S wurde. § 7 Abs. 1 EStDV a.F.[1] ist auf die verdeckte Einlage zum Betriebsvermögen gehörender 100 %-iger Beteiligungen an Kapitalgesellschaften nicht anwendbar. Letzteres folgt bereits daraus, dass § 7 Abs. 1 EStDV a.F. anders als § 16 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 EStG a.F.[2] die Gleichstellung der 100 %-igen Beteiligung mit einem Teilbetrieb gerade nicht vorsieht. Ein Buchwerttransfer kommt bei der im Streitfall gegebenen verdeckten Einlage auch nicht in direkter oder analoger Anwendung des § 20 Abs. 1 UmwStG 1977 in Betracht.

 

Praxishinweis

Der BFH[3] hat bereits entschieden, dass § 7 Abs. 1 EStDV a.F. nicht anzuwenden ist, wenn der beherrschende Gesellschafter einer GmbH einen Betrieb in diese verdeckt einlegt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Anteile an der Zielkapitalgesellschaft Privatvermögen sind. Im dortigen Fall hat der BFH ausdrücklich offen gelassen, ob § 7 Abs. 1 EStDV a.F. auch dann ausscheidet, wenn die Beteiligung an der Zielkapitalgesellschaft zum Betriebsvermögen des einlegenden Gesellschafters gehört. Diese Frage ist auch hier insoweit unbeantwortet geblieben, als Gegenstand der verdeckten Einlage ganze Betriebe, Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile sind. Denn das Besprechungsurteil hat die Anwendung des § 7 Abs. 1 EStDV a.F. im Wesentlichen verneint, weil die 100 %-ige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft in § 7 Abs. 1 EStDV a.F. im Unterschied zu § 16 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 EStG a.F. nicht einem "echten" Teilbetrieb gleich gestellt worden ist.

Ebenso ungeklärt und streitig ist, ob die verdeckte Einlage ganzer Betriebe, Teilbetriebe und Mitunternehmeranteile nach neuer Rechtslage[4] stets zur Gewinnrealisierung führt[5].

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 20.7.2005, X R 22/02

[1] Jetzt: § 6 Abs. 3 EStG
[5] Vgl. z.B. Glanegger, in: Schmidt, Einkommensteuergesetz, 24. Aufl., München 2005, § 6 Rz. 551, m.w.N.

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