Leitsatz

Verluste aus der Veräußerung von sog. Argentinien-Anleihen sind nicht steuerbar.

 

Sachverhalt

K veräußerte am 20.1.2003 argentinische Staatsanleihen mit einem Zinssatz von 11,75 % bzw. einem variablen Zinssatz zwischen 8 % und 15 %, die er für 175008 EUR angeschafft hatte, für 39243 EUR ohne Stückszinsabrechnung nach Börsentageskurs. Das Finanzamt lehnte eine Neufestsetzung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen unter Berücksichtigung des Veräußerungsverlusts von 135765 EUR mit der Begründung ab, der Kursverlust sei auf der nicht steuerbaren Vermögensebene ausgelöst worden. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Auf die Revision hat der BFH das FG-Urteil zwar aus verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben, die Klage indes abgewiesen.

 

Entscheidung

Der Veräußerungsverlust führt nicht zu negativen Einnahmen aus Kapitalvermögen. Die Anleihen fallen zwar unter § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, es fehlt aber an einem steuerbaren Veräußerungsverlust i.S. von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG.

Argentinien-Anleihen sind keine Finanzinnovationen i.S. von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 Buchst. c EStG. Zwar zählen Einnahmen aus der Veräußerung von Schuldverschreibungen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn Stückzinsen nicht besonders in Rechnung gestellt werden, soweit sie der rechnerisch auf die Besitzzeit entfallenden Emissionsrendite entsprechen. Für die Zuordnung von Wertpapieren zu dem in der Vorschrift beschriebenen Typus sind indes die Verhältnisse im Zeitpunkt der Emission maßgebend. Das ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang der tatbestandlichen Beschreibung der Finanzinnovationen mit der Regelung zur Höhe der Einkünfte in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 12. Hs. sowie Satz 2 EStG. Die Besteuerung nach der Emissionsrendite bezieht den Steuertatbestand auf den Zeitpunkt der Emission. Das führt dazu, dass auch die Typenbestimmung auf die Ausgestaltung der Wertpapiere im Zeitpunkt der Emission zu beziehen ist[1].

Beim Erwerb befanden sich die Argentinien-Anleihen noch nicht im "Flat-Handel". Bei ihrer Emission hatten sie Zinscoupons von 11,75 % bzw. 15 %; Stückzinsen wurden besonders in Rechnung gestellt. Erst mit der Zahlungseinstellung durch Argentinien Ende 2001 und der Umschlüsselung durch die Deutsche Börse berechneten die Banken keine Stückzinsen mehr bzw. wurde der Zinsanspruch nicht mehr erfüllt. Das ändert aber nicht – rückwirkend – den Charakter der Anleihen als festverzinsliche Wertpapiere.

Soweit die Anleihen einen variablen Zins zwischen 8 % und 15 % aufwiesen, sollten zwar Kapitalerträge in unterschiedlicher Höhe gezahlt werden. Das führt aber nicht zur Erfassung des Veräußerungsverlusts bei den Einkünften aus Kapitalvermögen; vielmehr handelt es sich um einen nicht steuerbaren Verlust auf der Vermögensebene. Der Veräußerungsverlust kann auch nicht als negative Marktrendite erfasst werden. Die Anleihen hatten im Zeitpunkt der Emission eine Emissionsrendite. Kapitalnutzungsentgelt und Wertentwicklung waren rechnerisch leicht abgrenzbar und bestimmbar, es fehlte den Anleihen damit eine typische Vermengung von Kapitalnutzung und Ausschöpfung der Werthaltigkeit. Das schließt die Anwendung der Marktrendite aus. Die Besteuerung der Kapitaleinkünfte wird von dem Grundsatz beherrscht, dass bei Kapitalvermögen zwischen der Vermögens- und der Ertragsebene zu differenzieren ist. Daher wirken sich Wertveränderungen der Kapitalanlage auf die Besteuerung der erzielten Erträge nicht aus. Der Gesetzgeber hat mit § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 2001 zwar Finanzinnovationen erfassen wollen, also Anlagen, bei denen es typischerweise darum geht, die Nutzung des Kapitalvermögens durch entgeltliche Überlassung an Dritte mit der Abschöpfung von Kursdifferenzen zu verbinden und dabei auch etwaige Kursgewinne der Besteuerung zuzuführen. Auf Argentinien-Anleihen trifft das aber nicht zu. Bei ihnen fehlt weder eine Emissionsrendite, noch geht es darum, eine etwaige Verbindung von Nutzungsentgelt und Kursgewinn in die Besteuerung der Kapitalnutzung einzubeziehen.

 

Praxishinweis

Das Urteil verdeutlicht, dass es für die steuerrechtliche Einordnung von Anleihen auf den Zeitpunkt ihrer Begebung ankommt. Bei Argentinien-Anleihen ist klar, dass sie ursprünglich keine Finanzinnovationen waren und allein durch die Zahlungseinstellung Argentiniens und die Umschlüsselung durch die Deutsche Börse nicht zu Finanzinnovationen geworden sind. Die Insolvenz des Emittenten führt deshalb nicht dazu, dass ein Veräußerungsverlust steuerwirksam wird.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 13.12.2006, VIII R 62/04

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