Leitsatz (amtlich)

Veräußert ein Landwirt seine gesamten Zuckerrübenlieferungsrechte, weil er infolge der Ausweisung seiner rübenfähigen Flächen als Wasserschutzgebiet den Zuckerrübenanbau wirtschaftlich nicht mehr für möglich hält, so stellt der erzielte Erlös keine Entschädigung i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a und b EStG dar.

 

Sachverhalt

Der Kläger erzielte als Pächter des Betriebs A Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Er war Inhaber von Zucker-rübenlieferrechten im Umfang von 12410 Dezitonnen, die er mit Vertrag vom 3.12.1986 an das Land für insgesamt 346 859 DM verkaufte. Der Verkauf beruhte laut Kläger darauf, dass der Rübenanbau wegen der Ausweisung eines Wasserschutzgebietes im Oktober 1983 wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll gewesen sei. Die Lieferrechte wurden vereinbarungsgemäß auf den Betrieb B übertragen. Bei Bedarf konnte sie aber der jeweilige Pächter des Betriebs A zurückerwerben. Etwaige öffentlich-rechtliche Entschädigungen wegen der Ausweisung des Wasserschutzgebietes sollten nicht dem Land als Verpächter, sondern dem Kläger zukommen. In diesem Falle sollte ein Pachtzinsminderungsanspruch des Klägers entfallen. Das Finanzamt meinte, der Veräußerungerlös sei entgegen der Ansicht des Klägers nicht als Entschädigung i.S. von § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG, sondern als laufender Gewinn zu besteuern. Das FG wies die dagegen gerichtete Klage ab[1]. Die Revision blieb erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

  1. Entschädigungen nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG liegen vor, wenn sie als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt worden sind. Das Tatbestandsmerkmal "als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen" setzt voraus, dass ein Ersatz für Einnahmen geleistet wird, die ausgefallen sind oder ausfallen werden. Darum geht es im Streitfall aber nicht. Die Zahlung der 346 859 DM diente der Abgeltung des Wertes von Zuckerrübenlieferrechten und weiteren Berechtigungen im Zusammenhang mit dem Zuckerrübenanbau, die der Kläger im Gegenzug dem Land übertrug. Eventuelle Schadensersatzansprüche des Klägers wegen der Wasserschutzgebietsausweisung und des dadurch erschwerten oder möglicherweise sogar unwirtschaftlich gewordenen Anbaus von Zuckerrüben waren von der Zahlung der 346 859 DM nicht berührt. Insoweit dachten die Parteien des Vertrags vom 3.12.1986 vielmehr an eine (erst künftige) Minderung des Pachtzinses oder an eine Weiterleitung eventuell dem Verpächter zustehender öffentlich-rechtlicher Entschädigungsleistungen an den Kläger. Danach bleibt kein Raum für die Vorstellung der Kläger, (bereits) der hier streitige Erlös stellte eine Entschädigung für künftig entgehende Einnahmen aus dem Zuckerrübenanbau dar[2].
  2. Der streitige Betrag wurde auch nicht für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG bezahlt. Nach der jüngeren Rechtsprechung des BFH ist eine derartige Entschädigung nur anzunehmen, wenn sie eine Gegenleistung "für" die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit darstellt[3]. Die Zahlung muss zumindest auch im Interesse des Zahlungsverpflichteten, hier des Verpächters, liegen. Davon kann im Streitfall nicht die Rede sein. Der Kläger hat den strittigen Geldbetrag nicht "für die Aufgabe" (oder die Nichtausübung) des bisher betriebenen Zuckerrübenanbaus erhalten; es handelte sich dabei vielmehr um das Entgelt für die Übertragung von Zuckerrübenlieferrechten und mit diesen im Zusammenhang stehenden anderen Berechtigungen. Ungeachtet dessen ist auch nicht erkennbar, inwieweit die Übertragung der genannten Rechte im Interesse des Verpächters lag. Im Gegenteil spricht die Einräumung der Möglichkeit des Rückerwerbs der Zuckerrübenliefer-rechte bei entsprechendem Bedarf gegen ein derartiges Interesse.
 

Link zur Entscheidung

BFH vom 28.2.2002 – IV R 64/00

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