Leitsatz

  1. Verwertet ein Insolvenzverwalter freihändig eine bewegliche Sache, an der ein Absonderungsrecht eines Sicherungsnehmers besteht, so erbringt er dadurch keine Leistung gegen Entgelt an den Sicherungsgeber. Die Verwertungskosten, die der Insolvenzverwalter in diesem Fall kraft Gesetzes vorweg für die Masse zu entnehmen hat, sind kein Entgelt für eine Leistung.
  2. Vereinbaren der absonderungsberechtigte Grundpfandgläubiger und der Insolvenzverwalter, dass der Insolvenzverwalter ein Grundstück für Rechnung des Grundpfandgläubigers veräußert und vom Veräußerungserlös einen bestimmten Betrag für die Masse einbehalten darf, führt der Insolvenzverwalter neben der Grundstückslieferung an den Erwerber eine sonstige entgeltliche Leistung an den Grundpfandgläubiger aus. Der für die Masse einbehaltene Betrag ist in diesem Fall Entgelt für eine Leistung.
 

Sachverhalt

Der Insolvenzverwalter über den Nachlass eines Autohändlers veräußerte im Streitjahr 2000 die sicherungsübereigneten Fahrzeuge des Autohauses sowie ein zum Nachlass gehörendes, mit einer Grundschuld belastetes Grundstück. Aus der Veräußerung der Fahrzeuge behielt er die Feststellungs- und die Verwertungskostenpauschale i.S. des § 171 InsO ein und zahlte den Nettoerlös an den absonderungsberechtigten Gläubiger aus. Für den Grundstücksverkauf vereinbarte er mit der absonderungsberechtigten Bank eine Beteiligung am Verwertungserlös von 4 % zu Gunsten der Masse.

Das Finanzamt erfasste sowohl die Verwertungskostenpauschale gemäß § 171 Abs. 2 InsO als auch die Erlösbeteiligung der Masse am Grundstücksverkauf, nicht aber die Feststellungspauschale gemäß § 171 Abs. 2 InsO als Leistungsentgelt. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Der Insolvenzverwalter legte Revision ein mit dem Ziel, die Beteiligung der Masse am Grundstücksverwertungserlös und die Verwertungskostenpauschale hinsichtlich der Fahrzeuge als nicht umsatzsteuerpflichtig zu behandeln.

 

Entscheidung

Die Revision hatte Erfolg hinsichtlich der Verwertungskosten i.S. der §§ 170f. InsO, nicht aber hinsichtlich der Beteiligung am Grundstücksveräußerungserlös.

Mit der Verwertung der Kraftfahrzeuge als bewegliche Sachen hat der durch den Insolvenzverwalter vertretene Schuldner keine Leistung gegen Entgelt an den Gläubiger erbracht, dem die Fahrzeuge zur Sicherung übereignet worden waren. Der Insolvenzverwalter kann eine bewegliche Sache gemäß § 166 Abs. 1 InsO freihändig verwerten. Er entnimmt dabei die Verwertungskosten dem Verwertungserlös aufgrund der ihm durch § 170 InsO eingeräumten Befugnis vor der Befriedigung des absonderungsberechtigten Gläubigers. Er handelt bei der freihändigen Verwertung weder im Auftrag des absonderungsberechtigten Gläubigers noch erhält er von diesem seine Verwertungskosten ersetzt. Der absonderungsberechtigte Gläubiger selbst wendet im Zusammenhang mit der Verwertung des Sicherungsguts nichts i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG auf. Die Verwertungskosten sind deshalb kein Entgelt für eine steuerpflichtige Leistung des Insolvenzverwalters an den Sicherungsgeber[1].

Auch aus § 171 Abs. 2 InsO ergibt sich nicht, dass mit der Verwertung des Sicherungsguts nach § 166 InsO eine steuerbare Leistung an den Gläubiger verbunden ist. Nach dieser Vorschrift sind als Kosten der Verwertung pauschal 5 % des Verwertungserlöses bzw. die tatsächlichen Verwertungskosten anzusetzen, wenn sie erheblich niedriger oder höher waren. Der Gläubiger hat kein Recht auf Befriedigung in Höhe des vollen Kaufpreises; vielmehr sind stets vorweg die Kosten der Feststellung und der Verwertung des Gegenstands für die Insolvenzmasse zu entnehmen[2].

Anders der Fall des freihändigen Verkaufs des Grundstücks durch den Insolvenzverwalter. Aufgrund der Vereinbarung des Grundpfandgläubigers mit dem Kläger hat dieser gleichzeitig mit der Veräußerung des Grundstücks auch an den Grundpfandgläubiger eine Leistung gegen Entgelt erbracht:

  • Außerhalb des Insolvenzverfahrens kann der Grundpfandgläubiger grundsätzlich die Zwangsvollstreckung betreiben. Er kann aber auch den Grundstückseigentümer beauftragen, das überschuldete Grundstück in dessen eigenem Namen für Rechnung des Grundpfandgläubigers zu veräußern. Der Grundstückseigentümer ist dann verpflichtet, dem Grundpfandgläubiger den Veräußerungserlös abzüglich des vereinbarten Entgelts herauszugeben. Damit liefert der Grundstückseigentümer dem Grundstückserwerber das Grundstück, gleichzeitig erbringt er gegenüber dem Grundpfandgläubiger eine entgeltliche Geschäftsbesorgungsleistung, die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer unterliegt.
  • Ähnlich verhält es sich auch in der Insolvenz des Grundstückseigentümers. Wird das mit einem Absonderungsrecht belastete Grundstück nicht – wie in § 165 InsO vorgesehen – durch Zwangsversteigerung oder -verwaltung verwertet, sondern freihändig veräußert, und vereinbart der Insolvenzverwalter mit dem Grundpfandgläubiger gegen Entgelt, z.B. in Form einer prozentualen Beteiligung am Verwertungserlös, dessen Verwertung, liegen die Voraussetzung...

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