Leitsatz

  1. Wer in eigenem Namen, aber für Rechnung eines anderen ein Einzelunternehmen führt oder persönlich haftender Gesellschafter einer Personengesellschaft ist, wird, sofern das Treuhandverhältnis den Geschäftspartnern gegenüber nicht offengelegt wird, regelmäßig allein wegen seiner unbeschränkten Haftung zum (Mit-)Unternehmer. Dies gilt auch dann, wenn er den Weisungen des Treugebers unterliegt und im Innenverhältnis von jeglicher Haftung freigestellt ist.
  2. Eine hiervon abweichende Beurteilung kann ausnahmsweise dann in Betracht kommen, wenn das Unternehmen – wie bei einer Handelsvertretung – wesentlich durch die persönliche Arbeitsleistung geprägt wird, ein nur geringer Kapitaleinsatz erforderlich ist und die Geschäftsabschlüsse kein nennenswertes wirtschaftliches Risiko bergen.
 

Sachverhalt

M war in den Streitjahren im Rahmen der Handelsvertretung seiner Ehefrau F für eine Vermögensberatungs-AG tätig. Nach den Verträgen war F hauptberufliche Handelsvertreterin der AG. M war bei F als geringfügig beschäftigter Arbeitnehmer angestellt. Grund für diese Konstruktion war, dass M als Beamter keine gewerbliche Tätigkeit ausüben durfte. Tatsächlich wurden die entscheidenden Leistungen, d.h. das Vermitteln von Kapitalanlagen und Finanzierungen, aber allein von M erbracht. Er wurde deshalb von der AG zum "Repräsentanten" ernannt. Das Finanzamt rechnete die Einkünfte aus der Handelsagentur zunächst F zu. Auf deren – nach dem Zerwürfnis der Eheleute – erhobenen Einspruch berücksichtigte das Finanzamt die gewerblichen Einkünfte bei M, da F lediglich als Strohfrau fungiert habe.

 

Entscheidung

Für die subjektive Zurechnung der gewerblichen Einkünfte kommt es nicht auf die von den Beteiligten gewählten Rechtsbeziehungen und auch nicht auf den nach außen gesetzten Rechtsschein an, sondern darauf, wer (Mit-)Unternehmerinitiative entfalten kann und (Mit-)Unternehmerrisiko trägt. Diese Merkmale können im Einzelfall mehr oder weniger stark ausgeprägt sein, müssen jedoch beide vorliegen. Sie sind auch auf Fälle offener und verdeckter Stellvertretung anzuwenden. Wer im eigenen Namen, aber für Rechnung eines anderen ein Einzelunternehmen führt, ist demnach regelmäßig Mitunternehmer. Denn er trägt bereits wegen seiner unbeschränkten Haftung ein Unternehmerrisiko, das durch die Zusage des Vertretenen, ihn im Innenverhältnis freizustellen, nicht ausgeschlossen wird, da die Verwirklichung des Rückgriffsanspruchs gegen den Vertretenen im Allgemeinen ungewiss ist.

Eine Ausnahme erkennt der BFH an, wenn das Unternehmen durch die persönliche Arbeitsleistung geprägt wird, nur ein geringer Kapitaleinsatz erforderlich ist und die Geschäftsabschlüsse kein nennenswertes Risiko bergen. Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall vor. Tatsächlich war M Inhaber der Handelsagentur. F war lediglich Strohfrau. Denn M erbrachte die entscheidende persönliche Dienstleistung und konnte über das Unternehmensvermögen verfügen. Der Agenturbetrieb erforderte nur einen geringen Kapitaleinsatz und das Risiko der Stornierung oder Kündigung der vermittelten Verträge und damit der Pflicht zur Rückzahlung von Provisionen war gering bzw. ließ sich durch Rückstellung eines Teils der Provisionen ganz ausschließen. Der BFH sah daher M als Unternehmer an und wies dessen Revision zurück.

 

Praxishinweis

Das Urteil stellt entscheidend auf die Umstände des Einzelfalls ab. Die persönliche unbeschränkte Haftung des Strohmanns spricht zwar regelmäßig für dessen Mitunternehmerschaft. Bei einer Handelsvertretung kann der Fall jedoch anders liegen, wenn das tägliche Vermittlungsgeschäft tatsächlich allein von dem Dritten ausgeführt wird. Kommt noch hinzu, dass nur in geringem Umfang Kapital eingesetzt wird und das wirtschaftliche Risiko aus den Geschäftsabschlüssen als gering einzustufen ist, gewinnt die Unternehmerinitiative gegenüber dem Unternehmerrisiko die entscheidende Bedeutung. Für den Streitfall betont der BFH noch, dass selbst die AG von einem Strohmannverhältnis ausging.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 4.11.2004, III R 21/02

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