Leitsatz

  1. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass sich der nach § 33a Abs. 1 EStG abziehbare Unterhaltshöchstbetrag für Unterhaltsempfänger mit Wohnsitz im Ausland auch dann nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates richtet, wenn sich die Unterhaltsberechtigten vorübergehend zu Besuchen im Inland aufhalten.
  2. Nicht nachgewiesene Aufwendungen anlässlich solcher Besuche können in Höhe des inländischen existenznotwendigen Bedarfs je Tag geschätzt werden.
 

Sachverhalt

Die Eheleute unterstützten 1998 ihre in Polen lebenden Eltern (4 Personen) mit jeweils 1 200 DM (insgesamt 4 800 DM), die sie als Unterhaltsaufwendungen nach § 33a Abs. 1 EStG geltend machten. Zusätzlich beantragten sie, Aufwendungen anlässlich von Besuchen ihrer Eltern in Deutschland als weitere Unterhaltsaufwendungen zu berücksichtigen. Die besuchsbedingten Aufwendungen, für die die Eheleute keinen Nachweis vorlegten, machten sie mit 1 000 DM (1/12 von 12 000 DM) je Person und angefangenem Aufenthaltsmonat, insgesamt mit 6 000 DM geltend.

Das Finanzamt berücksichtigte nach der Ländergruppeneinteilung die Unterhaltshöchstbeträge nur mit dem für Polen geltenden Betrag von 1/3, und zwar auch für die Besuchsaufenthalte im Inland. Die Unterhaltsleistungen während der Besuche schätzte es ebenfalls nur mit 1/3 des monatlich abziehbaren Unterhaltshöchstbetrags, pro Person und angefangenen Monat somit auf 334 DM (1/3 von 1 000 DM). Das FG schätzte den Unterhalt während der Besuche dagegen ungekürzt mit dem anteiligen Höchstbetrag, berücksichtigte jedoch nicht die Monatsbeträge, sondern nur die tatsächlichen Besuchstage mit dem Tagessatz von 33,33 DM (1/30 von 1 000 DM). Wegen Anrechnung eigener Bezüge der Eltern ergab sich nur ein Abzugsbetrag von rund 3 000 DM.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigt zunächst seine ständige Rechtsprechung, wonach die Ländergruppeneinteilung ein zu beachtender Maßstab ist, sofern sie im Einzelfall nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt[1]. Die Kürzung – hier auf 4 000 DM (1/3 von 12 000 DM) – gilt auch für kurzfristige Aufenthalte der unterstützten Angehörigen im Inland[2]. Denn durch solche Besuche wird im Inland kein Wohnsitz begründet. Außerdem sind Aufenthalte des Unterhaltsempfängers außerhalb seines Wohnsitzstaates nicht zwangsläufig. Die Aufwendungen gehören daher nicht zu dem beim Unterhaltsverpflichteten abzuziehenden Existenzminimum des Angehörigen.

Der BFH hält auch die vom FG – abweichend vom Ansatz des Finanzamts – vorgenommene Schätzung der Unterhaltsleistungen anlässlich der Inlandsbesuche anhand des inländischen existenznotwendigen Bedarfs für zutreffend. Er billigt ferner die Berücksichtigung mit dem Tagessatz von 33,33 DM. Denn eine Schätzung mit dem Monatsbetrag von 1 000 DM je angefangenem Monat, wie sie die Eheleute zugrunde legten, würde zu unzutreffenden Ergebnissen führen, wenn Besuchsaufenthalte z.B. nur wenige Tage eines Monats dauern.

 

Praxishinweis

Für in das Ausland gehende Unterhaltszahlungen gelten wegen der erhöhten Mitwirkungspflicht der Steuerpflichtigen besondere Nachweiserfordernisse[3]. Auch im Inland während eines Besuchs erbrachte Unterhaltsleistungen sind grundsätzlich nachzuweisen. Fehlt es an einem Nachweis, sind aber zweifelsfrei Unterhaltsleistungen erbracht worden, müssen diese geschätzt werden. Der BFH hat im Streitfall die Schätzung des FG mit dem Tagessatz von 33,33 DM nicht beanstandet. Dies besagt jedoch nicht, dass dieser Satz stets anzuerkennen wäre. Insofern könnte der 2. Leitsatz zu Missverständnissen führen. Im Einzelfall kann durchaus auch eine niedrigere Schätzung sachgerecht sein, z.B. wenn berücksichtigt wird, dass bei einem Besuchsaufenthalt im Allgemeinen geringere Aufwendungen entstehen als für eine dauernd im Inland lebende Person.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 05.06.2003, III R 10/02

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