Leitsatz

  1. Der wirtschaftliche Inhaber von Kapitalgesellschaftsanteilen erzielt originär sowohl Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (Gewinnanteile und sonstige Bezüge) als auch diejenigen nach § 17 EStG (Gewinne oder Verluste aus der Anteilsveräußerung).
  2. Die wirtschaftliche Inhaberschaft wird dem an einem Kapitalgesellschaftsanteil Unterbeteiligten nur dann vermittelt, wenn er nach dem Inhalt der getroffenen Abrede alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte (Vermögens- und Verwaltungsrechte) ausüben und im Konfliktfall effektiv durchsetzen kann.
  3. Auch kurze Haltezeiten können dann die wirtschaftliche Zurechnung von Anteilsrechten begründen, wenn dem Berechtigten (hier: Unterbeteiligten) der in der Zeit seiner Inhaberschaft erwirtschaftete Erfolg (einschließlich eines Substanzwertzuwachses) gebührt.
 

Sachverhalt

K erwarb 1987 für 1 DM sämtliche Anteile an der X-GmbH. Zum Geschäftsführer bestellte er zunächst seine Ehefrau FK und im Februar 1989 MY. Mit Vertrag vom März 1989 räumte K der FK sowie MY und dessen Tochter AY je eine "atypische Unterbeteiligung" an dem GmbH-Anteil von 25 % gegen Zahlung von je 8000 DM ein. Der Vertrag sah jeweils Innengesellschaften zwischen den Unterbeteiligten und K vor. MY und AY waren keine K nahe stehenden Personen.

Der Vertrag regelte u.a. eine quotenkongruente und durch Vorausabtretung gesicherte Teilhabe der Unterbeteiligten an den auf K entfallenden Gewinnausschüttungsansprüchen. Ferner hatte K sein Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung der GmbH entsprechend der vorherigen Abstimmung mit den Unterbeteiligten auszuüben, wobei sich deren Stimmkraft nach der Höhe ihrer Unterbeteiligung richtete. Daneben standen den Unterbeteiligten Informations- und Prüfungsrechte zu. Jede Unterbeteiligung konnte mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende des Geschäftsjahres der GmbH gekündigt werden. Der Abfindungsanspruch bemaß sich nach dem Buchwert der Unterbeteiligung zuzüglich anteiliger stiller Reserven der GmbH. Bei Auflösung der GmbH sollte die Unterbeteiligung bis zum Abschluss der Liquidation bestehen bleiben; die Veräußerung des GmbH-Anteils durch K bedurfte der Zustimmung der Unterbeteiligten, die am Liquidations- und Veräußerungserlös quotal beteiligt sein sollten.

Im Mai 1989 erwarb die X-GmbH ein Grundstück, für das sie ein Gewerbe- und Wohnobjekt konzipierte. Die Projektbetreuung oblag MY als Geschäftsführer der Z-GmbH, deren alleiniger Anteilseigner ebenfalls K war. Im Februar 1990 veräußerte K seine Beteiligung an der X-GmbH für 3,25 Mio. DM; hiervon wurden im März 1990 an jeden Unterbeteiligten 812500 DM überwiesen.

Für 1989 erklärte K aus der entgeltlichen Einräumung der Unterbeteiligungen einen Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG von 24000 DM, für 1990 von 812500 DM. Das Finanzamt war der Auffassung, die GmbH-Anteile seien K bis zur Veräußerung in vollem Umfang zuzurechnen und die Weiterleitung von 75 % des Verkaufserlöses an die Unterbeteiligten habe zu Veräußerungskosten geführt. Der hiervon auf FK entfallende Teil von 812500 DM sei bei ihr als Einnahme aus Kapitalvermögen zu erfassen. Der dagegen erhobenen Klage gab das FG vollumfänglich statt.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Vorentscheidung im Ergebnis bestätigt. Die auf die Unterbeteiligten entfallenden Anteile am Veräußerungsgewinn sind nicht zu besteuern, denn sie sind mit je 25 % wirtschaftliche Mitinhaber des von K gehaltenen GmbH-Anteils geworden. Dem gemäß ist ihnen der anlässlich der Veräußerung erzielte Erlös anteilig zuzurechnen. Ihr (originärer) Anteil am Veräußerungserlös ist damit weder nach § 17 EStG noch nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 oder Nr. 7 EStG steuerbar. FK hätte nur dann Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt, wenn ihr Beteiligungserträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EStG zugeflossen wären.

Die Zurechnungsgrundsätze des wirtschaftlichen Eigentums sind auch bei der Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung von GmbH-Anteilen zu beachten. Fallen rechtliche und wirtschaftliche Inhaberschaft auseinander, so hat die wirtschaftliche Inhaberschaft Vorrang. Das gilt nicht nur für die Bestimmung des Veräußerungszeitpunkts, sondern auch dann, wenn die GmbH-Anteile zum Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft gehören oder Gegenstand einer – entgeltlichen oder unentgeltlichen – Treuhandabrede sind. Nämliches gilt, wenn an den Anteilen Unterbeteiligungsrechte begründet werden, die nach Inhalt und tatsächlichem Vollzug dazu führen, dass die wirtschaftliche Inhaberstellung bezüglich eines Teils des vom Hauptbeteiligten gehaltenen GmbH-Anteils auf den Unterbeteiligten übergeht. Der Übergang der wirtschaftlichen (Mit-)Inhaberschaft an GmbH-Anteilen setzt voraus, dass der Berechtigte alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte ausüben kann. Das gilt für das Gewinnbezugsrecht, die Teilhabe an Wertminderungen bzw. -steigerungen der Anteile und die aus der Beteiligung folgenden Verwaltungsrechte, insbesondere für das Stimmrecht.

Im Streitfall waren die Unterbeteiligten entsprechend ihrer Quote...

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