Leitsatz

Der Vorwegabzug für Vorsorgeaufwendungen des Alleingesellschafters und Geschäftsführers einer GmbH ist nicht nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a i.V.m. § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG zu kürzen, wenn diese ihm eine Altersversorgung zugesagt hat.

 

Sachverhalt

Der Kläger war Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Die GmbH gewährte ihm neben seinem Geschäftsführergehalt eine Pensionszusage, die jedoch zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führte. Bei der ESt-Veranlagung für das Streitjahr 1996 kürzte das Finanzamt aufgrund der Pensionszusage den Vorwegabzug gemäß § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a i.V.m. § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG. Einspruch und Klage[1] blieben erfolglos.

 

Entscheidung

Der BFH sieht die Voraussetzungen für eine Kürzung des Vorwegabzugs nicht als erfüllt. Der Vorwegabzug ist zu kürzen, wenn der Steuerpflichtige während des ganzen oder eines Teils des Kalenderjahres nicht der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt, eine Berufstätigkeit ausübt und im Zusammenhang damit aufgrund vertraglicher Vereinbarungen Anwartschaftsrechte auf eine Altersversorgung ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistung erworben hat. Der Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH ist kein Arbeitnehmer im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften und unterliegt nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht. Er hat zudem die von der GmbH zugesagte Altersrente ausschließlich durch eigene Beiträge, nämlich durch einen entsprechenden Verzicht auf Gewinnausschüttung bzw. auf Auskehrung des Liquidationsgewinns erworben.

Beitragsleistung i. S. des § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG ist jede Minderung eines Vermögensanspruchs gegen eine Versorgungszusage. Das folgt aus dem Zweck des Vorwegabzugs.Der Vorwegabzug soll die Steuerpflichtigen begünstigen, die ihre Beiträge zur Altersversorgung in voller Höhe selbst aufbringen müssen. Bei Steuerpflichtigen, die nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegen, denen jedoch ohne eigene Beitragsleistung eine betriebliche Pensionsanwartschaft zugesagt wird, sollte der Vorwegabzug gekürzt werden. Korrespondierend hiermit sollte den Steuerpflichtigen, die ihre Altersversorgung in voller Höhe selbst finanzieren müssen, der Vorwegabzug ungekürzt zustehen. Verzichtet der Steuerpflichtige für den Erwerb einer Altersversorgung auf ihm zustehende vermögenswerte Rechtspositionen, steht ihm nach Sinn und Zweck der Kürzungsregelung der ungekürzte Vorwegabzug für Vorsorgeaufwendungen zu[2].

GmbH-Gesellschafter haben Anspruch auf den Jahresüberschuss bzw. nach Liquidation auf Vermögensverteilung. Sagt eine GmbH ihrem Alleingesellschafter eine Alterversorgung zu, somindert die gebotene Bildung der Pensionsrückstellung diese Ansprüche. Der Gesellschafter erwirbt daher – zumindest wirtschaftlich betrachtet[3] – seine Anwartschaftsrechte auf die Altersversorgung durch eine Verringerung seiner gesellschaftsrechtlichen Ansprüche. Dies gilt auch, wenn die Pensionszusage eine verdeckte Gewinnausschüttung ist und das Einkommen der GmbH nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG erhöht hat. Der handelsrechtliche Jahresüberschuss und damit der Anspruch auf Ausschüttung sind, da die einem Gesellschafter-Geschäftsführer zugesagte Pension zivilrechtlich verbindlich und als solche in der Handelsbilanz zurückzustellen ist, auch in diesem Fall um die Zuführung zur Rückstellung gemindert[4].

 

Praxishinweise

Die vorstehende Entscheidung überrascht, widerspricht sie doch wohl der h.M.[5], die bisher zumindest in Fällen steuerlich anzuerkennender Pensionszusagen – allerdings ohne Differenzierung zwischen alleinigen geschäftsführenden Gesellschaftern und "anderen" Gesellschafter-Geschäftsführern – die Kürzung des Vorwegabzugs bejaht hat. Von der vorstehenden Entscheidung profitieren zunächst nur alleinige geschäftsführende Gesellschafter. Ob sich deren Anwendungsbereich auch auf Fälle ausdehnen lässt, in denen mehrere Geschäftsführer eine Pensionszusage erhalten, ist fraglich. Dies würde einerseits gleiche Beteiligungsverhältnisse und dementsprechend gleich hohe Ansprüche auf den Jahresüberschuss bzw. Liquidationserlös, andererseits gleich hohe Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen voraussetzen; andernfalls würde der Anspruch auf Altersversorgung teilweise ohne eigene Beitragsleistung im vorstehenden Sinne erworben.

Die vom BFH vorgenommene Definition der Beitragsleistung dürfte jedoch den ungekürzten Vorwegabzug in einem anderen Fall sichern: Schließt die GmbH für den oder die Gesellschafter-Geschäftsführer Direktversicherungen ab, deren Beiträge pauschal versteuert werden, so lässt sich nunmehr kaum argumentieren, diese Variante der Altersversorgung werde ohne eigene Beitragsleistung erworben; es handelt sich um eine eigene Beitragsleistung, wenn auch aus pauschal besteuertem Arbeitslohn[6].

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 16.10.2002, XI R 25/01

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