Leitsätze (amtlich)

  1. Bei einer Personengesellschaft, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahme-Überschussrechnung ermittelt, kommt die Aktivierung eines durch unberechtigte Entnahmen eines ungetreuen Gesellschafters entstandenen Ersatzanspruchs nicht in Betracht.
  2. Unberechtigte Entnahmen führen beim ungetreuen Gesellschafter, anders als wenn er der Gesellschaft zustehende Zahlungen auf das eigene Konto umleitet, nicht zu Betriebseinnahmen.
 

Sachverhalt

Die Kläger und die Beigeladenen waren in den Streitjahren 1988 bis 1990 Mitglieder einer Rechtsanwaltssozietät. Die Sozietät ermittelte ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. Ende März 1991 schieden die Kläger aus der Sozietät aus. Dabei kam es zu einem Zivilrechtsstreit, der am 10.9.1992 mit einem Vergleich endete, wonach die Kläger an die Beigeladenen 30 000 DM zu zahlen hatten. Damit sollten "alle gegenseitigen Ansprüche zwischen den Parteien, gleichgültig aus welchem Rechtsgrund und ob bekannt oder unbekannt, erledigt" sein. Bei einer 1992 durchgeführten Außenprüfung wurde Folgendes bekannt:

  • Aufgrund der USt-Erklärung 1986 hatte das Finanzamt 1988 USt von 15 625 DM erstattet. Der Erstattungsbetrag war auf das Konto … bei der B-Bank überwiesen worden, das beim Finanzamt als Konto für die USt der Sozietät gespeichert war. Diese Erstattung war von der Sozietät nicht als Betriebseinnahme erfasst worden.
  • Aufgrund der USt-Erklärung 1987 hatte das Finanzamt 1989 USt von 21907 DM erstattet. Dieser Betrag war auf das Privatkonto des Beigeladenen zu 1 bei der C-Bank überwiesen worden, das dem Finanzamt als Erstattungskonto genannt worden war. Auch diese Erstattung hatte die Sozietät nicht als Betriebseinnahme erfasst.
  • Im August 1990 war ein Betrag von 21 907 DM von einem Konto der Sozietät auf das Privatkonto des Beigeladenen zu 1 bei der C-Bank überwiesen worden. Diese Überweisung hatte die Sozietät als Betriebsausgabe erfasst. Eine Mitarbeiterin erklärte diesen Vorgang damit, sie sei versehentlich der Meinung gewesen, die USt-Zahlung für 1987 sei vom Privatkonto des Beigeladenen zu 1 abgebucht worden.

Das Finanzamt erhöhte in Änderungsbescheiden die Gewinne der Sozietät für die drei Streitjahre um die vorstehenden Beträge und verteilte die Mehrgewinne nach dem im Sozietätsvertrag enthaltenen Gewinnverteilungsschlüssel. Die Klage blieb erfolglos[1]. Auf die Revision der Kläger hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

 

Entscheidungsgründe

Streitjahr 1988: Der Mehrgewinn, dem die 1988 erfolgte und bisher nicht als Betriebseinnahme erfasste USt-Erstattung für 1986 zugrunde lag, ist nach dem gesellschaftsvertraglich vereinbarten Gewinnverteilungsschlüssel zu verteilen, sofern die Erstattung nicht auf ein privates Bankkonto eines der Sozien, sondern auf ein Konto der Sozietät geflossen ist.

Streitjahr 1989: Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um entscheiden zu können, ob das Finanzamt die Gewinnerhöhung zu Recht allen Gesellschaftern gemäß dem vereinbarten Gewinnverteilungsschlüssel zugerechnet hat.

Es ist möglich, dass es sich bei der Überweisung auf das Bankkonto des Beigeladenen zu 1 lediglich um einen Irrtum handelte, der nach seiner Entdeckung durch Überweisung auf ein Konto der Sozietät korrigiert wurde. In diesem Fall ist die USt-Erstattung der Sozietät zugeflossen und hat deren Vermögensbereich wirtschaftlich gesehen auch nicht wieder verlassen. Ferner wäre denkbar, dass es sich bei der Überweisung der USt-Erstattung für 1987 um die auf abgekürztem Zahlungsweg vorgenommene Rückzahlung eines vorgestreckten Betrages handelte. Ist die USt-Zahlung, obwohl sie vom Beigeladenen zu 1 vorgestreckt wurde, als Betriebsausgabe der Sozietät behandelt worden, muss die USt-Erstattung 1987 bei allen Gesellschaftern als Betriebseinnahme erfasst werden, obwohl der Erstattungsbetrag auf einem Konto des Beigeladenen zu 1 eingegangen und verblieben ist. Scheiden indessen diese Sachverhaltsvarianten aus, so spricht vieles dafür, dass die USt-Erstattung für 1987 dem Beigeladenen zu 1 in vollem Umfang als Sonderbetriebseinnahme zuzurechnen war. Zu den Sonderbetriebseinnahmen gehören auch Einnahmen, die an sich der Gesellschaft zustehen, die ein Gesellschafter jedoch seinem eigenen Vermögen zuführt[2]. Mit dieser Sonderbetriebseinnahme des Gesellschafters korrespondiert ein Ersatzanspruch der Sozietät. So könnte es sich auch im Streitfall verhalten haben. Eine Aktivierung des Ersatzanspruchs bei der Sozietät und eine Pas-sivierung beim Beigeladenen zu 1 mit der Folge, dass die Gewinnkorrektur letztlich doch bei der Gesellschaft vorzunehmen wäre, kommt nicht in Betracht, weil die Sozietät ihren Gewinn nicht durch Betriebsvermögensvergleich, sondern nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt hat. Ein Gewinn bei der Gesellschaft selbst entsteht erst dann, wenn der Ersatzanspruch befriedigt wird. Der Ersatzanspruch kann auch dadurch befriedigt werden, dass er mit Forderungen des ungetreuen Gesellschafters verrechnet wird. Es ist denkbar, dass der im Zusamme...

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