Regelfall

Meistens vereinbaren die Vertragsparteien einen Ausschluss der Gewährleistung, etwa wie folgt:

 
Praxis-Beispiel

Haftungsausschluss

"Die Rechte des Käufers wegen eines Sachmangels des Vertragsgegenstands sind ausgeschlossen. Ausgeschlossen sind alle Ansprüche auf Schadensersatz, es sei denn, der Verkäufer handelt vorsätzlich. Der Verkäufer versichert, dass ihm keine versteckten Mängel bekannt sind."

Doch auf einen solchen Gewährleistungsausschluss kann sich der Verkäufer nicht berufen, wenn er bei Vertragsschluss den Altlastenverdacht arglistig verschwiegen hat (§ 444 BGB).[1]

Wer trägt in diesem Fall wofür die Darlegungs- und Beweislast? Der BGH[2] hat zu dieser Problematik und möglichen Beweiserleichterungen entschieden:

  • Beweislast

    Der Käufer trägt grundsätzlich die Beweislast für das Vorliegen sämtlicher Umstände, die den Arglisttatbestand ausfüllen, wozu bei einer Täuschung durch Verschweigen auch die fehlende Offenbarung gehört.

  • Da es sich bei der unterbliebenen Offenbarung um eine negative Tatsache handelt, kommen dem Käufer Erleichterungen nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast[3] zugute.
  • Wendet der Verkäufer gegen die behauptete arglistige Täuschung ein, er sei davon ausgegangen, der Käufer sei über den Mangel bereits aufgeklärt worden, trifft ihn auch insoweit eine sekundäre Darlegungslast; dagegen trägt er die volle Darlegungs- und Beweislast für die Behauptung, der Käufer habe Kenntnis von dem Mangel unabhängig von einer ihm, dem Verkäufer, zurechenbaren Aufklärung erlangt (§ 442 Abs. 1 BGB).
  • Das Gleiche gilt, wenn der Verkäufer, der von einer früheren gefahrenträchtigen Nutzung des Grundstücks Kenntnis und einen daraus resultierenden Altlastenverdacht für möglich gehalten hatte, behauptet, er sei davon ausgegangen, dieser Verdacht sei ausgeräumt. In diesem Fall obliegt es ihm, diejenigen objektiven Umstände zu konkretisieren, auf denen diese Annahme beruhte.[4]

Garantieversprechen?

Erst recht kann der Verkäufer haften, wenn er Altlastenfreiheit zusichert.[5]

 
Praxis-Beispiel

Zusicherung der Altlastenfreiheit

Der Verkäufer hatte vertraglich versichert, das Grundstück sei "frei von Altlasten". Umfasst sein sollten dabei alle "Kontaminierungen, die nach den gesetzlichen Vorschriften zu beseitigen und zu entsorgen" seien. Er ließ auch verschiedene Maßnahmen durchführen (insbesondere Aushub des kontaminierten Bodens), erfüllte jedoch nicht rechtzeitig die Auflagen der Stadt bezüglich Prüfung des Grundwassers sowie Spurengasmessungen. Nach Ansicht des OLG München[6] hat der Verkäufer den Nachweis über die Altlastenfreiheit des Grundstücks nicht erbracht. Ohne Erfüllung der behördlichen Auflagen sei ein solcher Nachweis nicht erfolgt.

Auslegungsfrage

Erklärt der Verkäufer, er garantiere für eine bestimmte Beschaffenheit der Kaufsache, so ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob damit gemeint ist, dass der Verkäufer lediglich entsprechend der Eigenschaftszusicherung nach früherem Recht unbedingt für einen Fehler einstehen oder ob er eine selbstständige Verpflichtung i. S. v. § 443 BGB eingehen will.[7]

Altlast als Sachmangel

Sofern die Parteien des Kaufvertrags keine Vereinbarung über die Beschaffenheit des Grundstücks in Bezug auf Altlasten abgeschlossen haben, kommt es für die Frage der Mangelhaftigkeit bei einer nach Vertragsabschluss offenbar gewordenen Bodenkontamination darauf an, ob das Grundstück sich für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung eignet und – sofern der Vertrag auch hierzu schweigt – der Käufer die Freiheit von Altlasten als übliche Beschaffenheit erwarten durfte.[8] Aufgrund der dargestellten strengen Aufklärungspflichten darf der Käufer bei Schweigen des Verkäufers erwarten, dass das Grundstück keine Bodenkontaminationen aufweist.

 
Praxis-Tipp

Beschaffenheitsvereinbarung

Es empfiehlt sich, im Rahmen einer Beschaffenheitsvereinbarung die Verunreinigung oder den Verdacht der Bodenkontamination als vereinbarte Beschaffenheit festzuhalten. Mit der Aufnahme einer Regelung in die Beschaffenheitsvereinbarung dokumentieren Verkäufer und Käufer zudem den Kenntnisstand des Käufers und damit die Erfüllung der Aufklärungspflicht des Verkäufers hinsichtlich der Altlastensituation. Dies hat insbesondere Bedeutung im Hinblick auf einen möglichen vereinbarten Haftungsausschluss, der bei Kenntnis oder fahrlässiger Nichtkenntnis des Käufers nicht mehr wegen arglistigen Verschweigens eines Mangels angegriffen werden kann.[9]

[1] Vgl. Abschnitt 2.2.1.
[3] Von einer sekundären Beweislast spricht man immer dann, wenn die primär darlegungsbelastete Partei außerhalb des darzulegenden Geschehensablaufes steht und keine Kenntnis von den maßgeblichen Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner zumutbar nähere Angaben machen kann.
[4] BGH, Urteil v. 21.7.2017, V ZR 250/15, NJW 2018 S. 389.
[5] Zu der Altlastenklausel in Grundstückskaufverträgen vgl. unten Abschnitt 9.

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