Auswahlermessen

Grundsätzlich kann die Behörde wahlweise nach freiem Ermessen einen der Störer wegen der Behebung des gesamten Schadens in Anspruch nehmen.[1] So kann ein Anlagenbetreiber herangezogen werden, obgleich ein anderer vorher oder nachher ebenso zu Kontaminationen beigetragen hat. Auch muss die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens nicht berücksichtigen, welcher Störer letztendlich die zivilrechtliche Verantwortung tragen wird.[2]

 
Praxis-Beispiel

Auswahl aus mehreren möglichen Störern

Die Ordnungsbehörde hatte gegen ein Unternehmen, das früher ein Grundstück mit Altlastenverdacht genutzt hatte, als möglichen Verursacher eine sog. Erkundungsanordnung nach § 9 Abs. 2 BBodSchG zur Gefährdungsabschätzung erlassen. Hiergegen wandte sich die Firma u. a. mit dem Argument, die Auswahl der Störer sei ermessensfehlerhaft, da auch der jetzige und der frühere Eigentümer als Störer in Betracht kämen. Doch nach Auffassung des VGH Mannheim[3] sind die Bodenschutzbehörden grundsätzlich berechtigt, sich bei der Ausübung des nach dem Gesetz eröffneten Ermessens bei der Störerauswahl von dem Verursacherprinzip leiten zu lassen.

Dabei half es dem Antragsteller auch nicht, dass in einem dieses Grundstück betreffenden notariellen Kaufvertrag ein Ausschluss der Haftung für Altlasten vereinbart worden war: Es gebe keinen allgemeinen Rechtssatz, nach dem bei der Störerauswahl immer sicherzustellen sei, dass bei 2 gleichermaßen zur Gefahrenabwehr geeigneten Störern der Eingriff in die Zivilrechtsordnung immer so gering wie möglich zu halten sei.

Maßgeblich ist vor allem eine möglichst schnelle und effektive Gefahrenbeseitigung.[4] Daher ist es unter Ermessensgesichtspunkten nicht zu beanstanden, wenn die Behörde bei der Auswahl des Pflichtigen diejenige Person heranzieht, die zweifelsfrei als Störer feststeht, gleichzeitig aber solche Personen nicht in Anspruch nimmt, deren Störereigenschaft rechtlich unsicher ist.[5]

Ordnungsgemäße Anhörung?

Die fehlerfreie Heranziehung als Handlungs- bzw. Verhaltensstörer zur Sanierung einer schädlichen Bodenveränderung setzt eine ordnungsgemäße Anhörung der Betroffenen voraus. Die Mindestanforderungen hieran sind nicht deswegen geringer, weil ein anderer Sanierungsverantwortlicher in Bezug auf das fragliche Verhalten bereits ausgiebig angehört wurde.[6]

Haftung trotz Bebauungsplan

Auch wenn die Gemeinde kontaminierte Flächen zur Bebauung freigegeben hat, kann die Behörde ermessensfehlerfrei den Bauherrn zur Verantwortung ziehen. Denn er hat dadurch, dass er den belasteten Boden über das Gelände verteilt hat, die Altlastengefahren maßgeblich mit verursacht.[7]

Ermessensfehler

Lediglich in Ausnahmefällen kann die Heranziehung eines ungeeigneten – weil finanziell nicht leistungsfähigen – Grundstückskäufers als Zustandsstörer ermessensfehlerhaft sein.[8]

Hat sich die Behörde entschieden, wird sie dem "Auserwählten" die notwendigen Maßnahmen durch Ordnungsverfügung auferlegen. Dieser ist dann selbst zur Durchführung der konkreten Sanierungsmaßnahmen verpflichtet. Die Behörde kann in besonderen Fällen die Vorlage eines Sanierungsplans verlangen (§ 13 BBodSchG).[9] Nur ausnahmsweise kann sie die Maßnahmen unmittelbar selbst durchführen; die Kosten hierfür trägt der zur Durchführung Verpflichtete (vgl. auch § 24 Abs. 1 BBodSchG).[10] Möglich ist auch der Abschluss eines Sanierungsvertrags (vgl. dazu Abschnitt 6.8).

[1] Zur Störerauswahl vgl. VGH München, Beschluss v. 17.3.2004, 22 CS 04.362, NJW 2004 S. 2769, 2770; ferner eingehend Kügel, NJW 2004, S. 1570, 1573; Pape, NJW 1992, S. 2661, 2667.
[3] VGH Mannheim, Beschluss v. 29.4.2002, 10 S 2367/01, NVwZ 2002 S. 1260.
[4] BT-Drs. 13/6701 S. 34 ff.
[5] OVG Lüneburg, Beschluss v. 22.4.2022, 7 ME 6/22, NVwZ-RR 2022 S. 525.
[6] VGH Mannheim, Beschluss v. 16.8.2022, 10 S 2829/21, NVwZ 2022 S. 1650.
[8] VGH München, Urteil v. 1.7.1998, 22 B 98.198, NVwZ-RR 1999 S. 99; vgl. auch VGH Mannheim, Beschluss v. 3.9.2002, 10 S 957/02, NVwZ-RR 2003 S. 103.
[9] Dazu Vierhaus, NJW 1998, S. 1262, 1268.
[10] Zum Rechtsschutz gegen die entsprechenden Verwaltungsakte vgl. Pape, NJW 1994, S. 409, 410 m. w. N.

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