Das steht im Urteil

Ein rückwirkender Wechsel von der Ist- zur Sollbesteuerung ist bis zur formellen Bestandskraft der Jahressteuerfestsetzung zulässig.

 

Der Sachverhalt

A hatte im Streitjahr 1996 ein Einzelunternehmen betrieben, für das ihm antragsgemäß die Besteuerung der Umsätze nach vereinnahmten Entgelten gestattet worden war. Auf dieser Grundlage hatte A seine Umsatzsteuer-Voranmeldungen abgegeben. Während des Streitjahrs gründete A eine GmbH, in die er aufgrund eines am 22.1.1997 geschlossenen Einbringungsvertrags sein Einzelunternehmen – rückwirkend – zum 4.11.1996 einbrachte.

Die Umsatzsteuer-Jahreserklärung seines Einzelunternehmens für die Zeit vom 1.1. bis 3.11.1996 reichte A am 4.12.1997 ein. Die Erklärung beruhte – wegen der Erfassung von offenen Forderungen – auf einer Besteuerung der Umsätze nach vereinbarten Entgelten und führte zu einer – bestandskräftig gewordenen – Vorbehaltsfestsetzung für 1996.

Am 15.2.2000 gab A eine berichtigte Umsatzsteuererklärung 1996 ab. Er begehrte – seinen Voranmeldungen entsprechend – nunmehr wieder eine Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten. Dem folgte das Finanzamt jedoch nicht. Einspruch, Klage und Revision hatten keinen Erfolg.

 

Die Meinung des BFH

Der BFH hat entschieden, dass die Umsätze des A zu Recht nach vereinbarten Entgelten und nicht – wie mit der berichtigten Umsatzsteuererklärung 1996 begehrt – nach vereinnahmten Entgelten besteuert wurden.

Nach der gesetzlichen Regelung wird die Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten berechnet (Sollbesteuerung; § 16 Abs. 1 Satz 1 UStG). Das Finanzamt kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag gestatten, dass ein Unternehmer die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet (Istbesteuerung; § 20 UStG).

Im Streitfall war dem A für das Streitjahr 1996 antragsgemäß zunächst die Besteuerung der Umsätze nach vereinnahmten Entgelten gestattet worden. Davon hat er auch für die Voranmeldungen des Jahres 1996 Gebrauch gemacht. Dass A später i.R.d. Umsatzsteuerjahreserklärung 1996 von der Ist- wieder zur Sollbesteuerung zurückgekehrt ist, war nach Auffassung des BFH wirksam. Denn dem Unternehmer steht es grundsätzlich frei, von der Gestattung der Istbesteuerung keinen Gebrauch zu machen. Er kann also ohne Weiteres zur Sollbesteuerung zurückkehren; dafür ist weder ein Antrag des Steuerpflichtigen noch eine Erlaubnis des Finanzamts erforderlich. – Dem rückwirkenden Wechsel von der Istbesteuerung (§ 20 UStG) zur Sollbesteuerung (§ 16 UStG) standen keine materiell-rechtlichen Gründe entgegen: Zwar dürfen im Falle eines Wechsels Umsätze nicht doppelt erfasst werden oder unversteuert bleiben (§ 20 Abs. 1 Satz 3 UStG); diese Vorschrift betrifft indessen nur die Durchführung des Besteuerungsverfahrens, indem sie die Art und Weise des Übergangs regelt. Wie der BFH weiter eingehend begründet, wurde durch den rückwirkenden Wechsel auch nicht gegen das steuerliche Rückwirkungsverbot verstoßen. Gegen die Rückkehr zur Sollbesteuerung bestanden schließlich auch keine verfahrensrechtlichen Hindernisse: A konnte die Rückkehr bis zur Unanfechtbarkeit der Jahressteuerfestsetzung erklären. Zum Zeitpunkt des Wechsels am 4.12.1997 (Eingang der Umsatzsteuer-Jahreserklärung 1996) lag eine bestandskräftige Umsatzsteuerfestsetzung für 1996 noch nicht vor. –

Nach vollzogener Rückkehr zur Sollbesteuerung konnte dem A allerdings nicht erneut eine Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten gestattet werden. Denn die Steuerfestsetzung aufgrund der Jahreserklärung vom 4.12.1997, der eine Besteuerung nach vereinbarten Entgelten zugrunde lag, war formell bestandskräftig geworden.

 

Link zur Entscheidung

v. 10.12.2008, XI R 1/08BFH, Urteil vom 10.12.2008, XI R 1/08BFH, Urteil

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