Die folgenden ausführlichen Praxisbeispiele veranschaulichen die Zuordnungsproblematik.

Nichtwirtschaftliche Tätigkeit im engeren Sinne

 

Beispiel 1

Der Steuerpflichtige S errichtet einen Holzschuppen. Auf dessen Dach installiert er eine Fotovoltaikanlage. Im Übrigen wird der Schuppen nicht genutzt.

Hier wird der Schuppen teils unternehmerisch zur Erzielung von umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen genutzt – soweit das Dach betroffen ist –, teils nichtunternehmerisch, aber eben auch nicht privat – nämlich der leer stehende Schuppen im Übrigen. Es liegt also teilweise eine nichtwirtschaftliche Nutzung vor, d. h. eine nichtwirtschaftliche Tätigkeit im eigentlichen Sinne. Diese ermöglicht, anders als eine teilweise private Nutzung, keine volle Zuordnung des Schuppens zum Unternehmen (BFH, Urteil v. 19.7.2011, XI R 29/09, BStBl. 2012 II S. 430, Rn. 31). Das gilt aber nur, wenn der Schuppen bewusst und auf Dauer nicht zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird, denn ein solcher Leerstand ist grundsätzlich keine tatsächliche Verwendung (BFH, Urteil v. 19.7.2011, XI R 29/09, BStBl. 2012 II S. 430, Rn. 33).

Einen lediglich anteilig möglichen Vorsteuerabzug aus den Leistungen zur Errichtung des Schuppens kann S aber nur dann beanspruchen, wenn er den gesamten Schuppen zu mindestens 10 % unternehmerisch nutzt (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG; BFH, Urteil v. 19.7.2011, a. a. O., Rn. 37 ff.).

Die Frage, wie in einem Fall der Verwendung eines Gegenstands teilweise für eine wirtschaftliche (unternehmerische) und teilweise für eine nichtwirtschaftliche (nichtunternehmerische) Tätigkeit des Unternehmers die Vorsteuer aufgeteilt werden soll, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Die bestehende Regelungslücke ist in analoger Anwendung des § 15 Abs. 4 UStG zu schließen, sodass S den abziehbaren Vorsteueranteil im Wege einer sachgerechten und von der Finanzverwaltung zu überprüfenden Schätzung zu ermitteln hat (BFH, Urteil v. 19.7.2011, a. a. O., Rn. 45). Dabei hält der BFH im vorliegenden Fall mangels anderer wirtschaftlich sinnvoller Alternativen einen Umsatzschlüssel für sachgerecht; abgestellt wird also auf die fiktiv zu erzielenden Mieten bei Vermietung der Dachfläche einerseits und des leeren Schuppens andererseits (BFH, Urteil v. 19.7.2011, a. a. O., Rn. 49 ff.).

Die Fotovoltaikanlage stellt im Übrigen umsatzsteuerrechtlich ein eigenständiges Zuordnungsobjekt dar, das ausschließlich unternehmerisch zur Ausführung entgeltlicher Stromlieferungen verwendet wird und deshalb zwingend dem Unternehmen zuzuordnen ist (Zuordnungsgebot); für sie besteht voller Vorsteuerabzug.

 
Praxis-Tipp

Je Quadratmeter modulgedeckter Dachfläche akzeptiert die Finanzverwaltung einen pauschalen fiktiven Vermietungswert von 3 EUR. Für etwaige höhere Werte trägt der Unternehmer die Feststellungslast (BayLfSt v. 7.8.2012, S 7300.2.1-14/48 St 33, juris).

 

Beispiel 2

Eine Gemeinde will ihren Marktplatz sowohl für eine steuerpflichtige wirtschaftliche Tätigkeit – jeweils kurzfristige Vermietung von Standflächen für Wochen- und andere Märkte – als auch als Straßenbaulastträger für hoheitliche Zwecke verwenden.

Die Gemeinde ist (nur) zum anteiligen Vorsteuerabzug aus den von ihr bezogenen Leistungen für die Sanierung des Marktplatzes berechtigt. Auf die Vorsteueraufteilung für Leistungsbezüge ist in diesem Fall der Aufteilungsmaßstab des § 15 Abs. 4 UStG analog anzuwenden (BFH, Urteil v. 3.3.2011, V R 23/10).

Nachträgliche Erhaltungsaufwendungen

 
Praxis-Beispiel

Unternehmer U lässt das Dach seines privat genutzten Einfamilienhauses aktuell, d. h. unter Geltung des § 15 Abs. 1b UStG, sanieren (Werklieferung) und anschließend darauf eine Fotovoltaikanlage installieren, die 50 % der Dachfläche bedeckt. Die Fotovoltaikanlage wird zu 70 % zur Ausführung entgeltlicher Stromlieferungen verwendet. Die verbleibenden 30 % des selbst produzierten Stroms verbraucht U privat. Die Sanierung des asbesthaltigen Dachs ist unter anderem auch für die Installation der Fotovoltaikanlage erforderlich. Für das Einfamilienhaus wäre in der betreffenden Region ein Mietpreis von 10.000 EUR und für die Dachfläche, die für Zwecke der Fotovoltaikanlage genutzt wird, von 500 EUR jährlich realisierbar (Beispiel aus A 15.2c Abs. 8 UStAE).

Die Dachsanierung stellt Erhaltungsaufwand dar und ist somit einer eigenständigen Zuordnungsentscheidung zugänglich. Bei der Zuordnung von Erhaltungsaufwendungen ist grundsätzlich der Gebäudeteil maßgeblich, für den die Aufwendungen entstehen. Die Dachsanierung ist danach dem gesamten Gebäude zuzurechnen, da das Dach mit allen Gebäudeteilen in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang steht. Für die Zuordnungsmöglichkeit zum Unternehmen ist damit die Verwendung des gesamten Gebäudes entscheidend.

Da das Zuordnungsobjekt eine Lieferung ist, muss nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG die unternehmerische Mindestnutzung geprüft werden. Eine Ermittlung anhand eines Flächenschlüssels ist für die Zuordnung nicht möglich, weil die Dach- und Gebäudeinnenflächen nicht wesensgleich ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt WohnungsWirtschafts Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen